Kindergarten-Pädagogen als Schatzsucher bei den Jüngsten
"Welche Farbe hat das?", fragt Rainer Weiß und deutet auf ein rotes Holzauto. Das kleine blonde Mädchen vor ihm überlegt kurz. Dann zeigt es auf das Apfelbaum-Bild an der Wand und sagt etwas, das so ähnlich wie "Apfel" klingt. "Richtig. Und welche Farbe haben Äpfel?" versucht es Weiß weiter. "Blau", entgegnet die Kleine entschlossen. Weiß schmunzelt: "Rot. Die blauen Äpfel, die du meinst, heißen Zwetschken."
Rainer Weiß ist Elementarpädagoge. Er betreut in einem städtischen Kindergarten in Wien-Ottakring Kleinkinder. Vor einigen Jahren wäre er noch als "Kindergartenonkel" bezeichnet worden. Begriffe wie dieser stammen aus einer Zeit, in der Kindergärten vor allem als Verwahrungsstätten gesehen wurden. Heute werden sie in Wissenschaft und Politik zunehmend als erste Bildungseinrichtung diskutiert. Ein Beleg für diesen Wandel ist etwa der Bildungsplan für Wiener Kindergärten, der heuer sein zehnjähriges Jubiläum feiert. Er ist die Grundlage der pädagogischen Arbeit.
In der gesellschaftlichen Wahrnehmung setze sich das Bild von der ersten Bildungsstation langsam durch, glaubt Weiß. Für ihn ist der Kindergarten die Schule des Miteinanders: "Wir vermitteln Kindern den Umgang untereinander. Wir betreiben Herzenbildung." Weiß’ Kindergarten liegt in einem Arbeiterbezirk, in dem rund 46 Prozent der Bewohner Migranten sind. Er räumt ein, dass dieser Umstand gewisse Herausforderungen mit sich bringe. "Mit bildungsfernen Familien oder bei Sprachbarrieren ist es manchmal etwas mühsamer", sagt er. "Aber: Wir helfen jenen, die es am schwersten haben."
Bevor Weiß im Kindergarten anfing, arbeitete er zwanzig Jahre als Kellner. Bereut hat er den Wechsel keine Sekunde – obwohl er früher doppelt so viel verdiente. Beim Pädagogen-Gehalt bestehe Handlungsbedarf, sagt Weiß. Denn die gesellschaftliche Wertschätzung eines Berufs zeige sich eben auch am Lohn. "Wir müssen mehr Geld in die Elementarpädagogik bringen, das erhöht die Reputation."
Selbstwirksamkeit
In ihrem Umfeld erntet Winkler durchaus Bewunderung für ihre Arbeit: "Einige Freunde fragen, wie ich das schaffe, den ganzen Tag mit den Kindern." Manche würden Vertreter ihrer Berufsgruppe zwar immer noch als Basteltanten sehen, sagt sie. "Andere bemerken aber sehr wohl, dass wir den Grundstein dafür legen, dass Kindern das Lernen Spaß macht."
Sie selbst bezeichnet sich als Schatzsucherin, die die Talente der Jüngsten fördert. Lernen sieht Winkler nicht als Absorbieren von vorgebetetem Wissen. Ihr gehe es darum, dass sich Kinder als lernfähige Wesen erleben. "Ein Kind soll mit einem Rucksack in die Schule kommen", sagt sie. "Voll mit dem Gefühl, dass es etwas kann."