Runder Tisch: Wiener Parkpickerl soll reformiert werden
Die Parkraumbewirtschaftung in Wien dürfte mittelfristig wohl reformiert werden. Beim Runden Tisch am Donnerstagvormittag habe es Konsens unter allen Teilnehmern dahingehend gegeben, dass hier Handlungsbedarf bestehe, informierte die Gastgeberin, Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne), im Anschluss an das Treffen via Aussendung. Ein Öffi-Ausbau wird ebenfalls gewünscht.
Rund zwei Stunden haben sich Vertreter aller im Gemeinderat vertretenen Parteien sowie aus Bezirken und den Sozialpartnern im Rathaus getroffen. Konkrete Ergebnisse gab es wie erwartet noch nicht. Der Auftakttermin diente vor allem dazu, einmal die unterschiedlichen Sichtweisen auf den Tisch zu legen. Die Wortmeldungen hätten gezeigt, "dass alle an einem Strang ziehen wollen", meinte Hebein. "Die größte Übereinstimmung gab es beim Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und der Notwendigkeit einer gesamtheitlichen Reform des Parkraumbewirtschaftungsmodells. Der nächste Schritt ist eine Zusammenführung dieser Vorschläge", kündigte die Ressortchefin weitere Treffen an.
Kein Fokus auf Citymaut
Über konkrete Ideen und Vorschläge, die zur Sprache gekommen sind, sei Stillschweigen vereinbart worden, sagte ein Hebein-Sprecher auf APA-Nachfrage. Nur soviel: Das Thema Citymaut - von Hebein in den vergangenen Monaten wiederholt propagiert und vom Koalitionspartner SPÖ bisher ablehnend bewertet - sei zwar als eine von vielen Maßnahmen gestreift worden, der Fokus sei aber auf anderen Themen gelegen. "Insofern ist auch nicht darüber gestritten worden", hieß es.
Abgesehen vom interfraktionellen Austausch haben auch die Bezirksvertreter ihre Positionen kundgetan. Während die innerstädtischen Bezirke mit der klimawandelbedingten Hitzeentwicklung zu kämpfen hätten und für mehr Platz für Bäume und Grünflächen plädiert hätten, seien die Außenbezirke wiederum stark von einpendelnden Autos betroffen, fasste Hebein zusammen. Sie bezeichnete den heutigen Runden Tisch als "sehr konstruktiv".
Den Teilnehmern des Runden Tisches wurden seitens der MA 18 (Stadtplanung) außerdem Daten und Fakten rund um Verkehr und Reduktion der CO2-Emissionen präsentiert. Immerhin sei der Verkehrsbereich für 42 Prozent des Schadstoffausstoßes in Wien verantwortlich, rechnete Hebein vor: "Hier haben wir einen Hebel, bei dem wir ansetzen können."
In einem weiteren Schritt sollen NGOs und andere Stakeholder wie etwa Mobilitätsclubs oder Vertreter aus dem benachbarten Umland in die Diskussion eingebunden werden. Bis ein konkretes Lösungspaket fertig geschnürt ist, soll es aber noch einige Monate dauern.
ÖVP fordert Tempo
Die ÖVP drängte nach dem Treffen schon einmal zu mehr Tempo. "Rot-Grün muss jetzt vom Reden ins Tun kommen", forderte Verkehrssprecher Manfred Juraczka und Döblings ÖVP-Bezirksvorsteher Daniel Resch in einer gemeinsamen Aussendung. Die Parkraumbewirtschaftung gehöre auf "vernünftige Beine" gestellt, die Herausforderungen des Pendlerverkehrs müssten effektiv angegangen werden. Wobei die Volkspartei einer Citymaut nach wie vor "eine deutliche Absage" erteilt. Stattdessen plädieren die Rathaus-Türkisen für einen U-Bahn-Ausbau bis an die Stadtgrenze oder eine Attraktivierung des S-Bahn-Netzes.
Die NEOS sahen das Treffen grundsätzlich positiv. Verkehrssprecherin Bettina Emmerling bekräftigte danach die Forderung nach einem S-Bahn-Ring rund um die ganze Stadt, um Pendlern den Umstieg zu erleichtern. Die Pinken wollen in der nächsten Gemeinderatssitzung eine Machbarkeitsstudie für den Schnellbahnausbau beantragen.
Der FPÖ geht es neben mehr Bahnkapazitäten in erster Linie um eine neue Parkpickerlregelung. "Wien braucht ein umfassendes Verkehrs- und Parkraumkonzept anstatt zahlreicher Einzelmaßnahmen, die sowohl für Verwirrung als auch für Ärger einzelner Verkehrsteilnehmer sorgen", resümierte Klubobmann und Verkehrssprecher Anton Mahdalik. Die Blauen orten Konsens darüber, dass die Parkraumbewirtschaftung vereinheitlicht und ein dahingehendes Landesgesetz geschaffen werden müsse. Eine Citymaut lehnen auch die Freiheitlichen erneut ab.
SPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Kubik richtete indes im APA-Gespräch eine Forderung an die künftige Bundesregierung. Teil des Koalitionspakts müssten Förderungen für die Länder zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sein. Denn man müsse Pendler ein Angebot machen, um das Auto stehen zu lassen. Das betreffe auch das Thema Citymaut. Solange Einpendler keine attraktiven Alternativen zur Verfügung hätten, brauche man über Einfahrgebühren nicht reden, zeigte sich Kubik weiterhin ablehnend für eine schnelle Einführung.
Standortanwalt Alexander Biach, der für die Wiener Wirtschaftskammer am Treffen teilnahm, wünschte sich im Anschluss eine länderübergreifende Gesamtlösung - denn: "Wien ist keine Insel, kein gallisches Dorf und der Verkehr endet nicht am Ortsschild." Er präsentierte nach eigenen Angaben ein Fünf-Punkte-Programm, das neben mehr Öffis und einer Parkpickerlreform auch den Ausbau von Park-and-Ride-Anlagen, eine E-Mobilitätsoffensive und eine Modernisierung der Infrastruktur, um Verkehrsströme um die Stadt herumzuleiten und mit neuen Logistikkonzepten die innerstädtische Warenverteilung zu optimieren.