Rätsel um Tod eines Psychiatrie-Patienten
Ein älterer Patient legt sich am vergangenen Montag auf den Fliesenboden im Gang der Psychiatrie-Station der Krankenanstalt Rudolfstiftung in der Juchgasse, Wien-Landstraße.
Er macht das nicht zum ersten Mal – es sei eine Art "Protestaktion", wissen seine Mitpatienten. An diesem Tag scheint die Situation aber ernst zu sein. "Schwester, Schwester", soll alles gewesen sein, was der etwa 60-jährige Mann sagt,als sie ihn fragen, ob er Hilfe braucht. Zwei Stunden später ist er tot.
Kontrollgänge
Seine Mitpatienten erheben jetzt schwere Vorwürfe gegen das Pflegepersonal, wie der Ehemann einer Patientin dem KURIER erzählt: "Der Mann ist zwei Stunden am Boden gelegen, ohne dass ihm geholfen wurde. Erst als die Schwestern bemerkt haben, dass er am Sterben ist, ist ein Ärzteteam angerückt und hat versucht, ihn wiederzubeleben. Da war es aber zu spät."
Auf KURIER-Anfrage bestätigt der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) den Todesfall, wehrt sich aber gegen den Vorwurf, dem Mann sei nicht geholfen worden. "Es hat mehrere Kontrollgänge gegeben, der Vorfall wurde vom Pflegepersonal protokolliert", erklärt KAV-Sprecher Christoph Mierau.
Der Leichnam wurde obduziert, das Ergebnis unterliege aber dem Datenschutz. Gleiches gelte für Details zum Vorfall und die Maßnahmen, die das Personal laut Pflegeprotokoll gesetzt haben soll. Der Patient habe an jenem Tag jedenfalls "kein unspezifisches Verhalten gezeigt", bleibt Mierau vage.
Fall wird untersucht
"Die Art und Weise, wie er gestorben ist, macht mich sehr betroffen. Auf dem kahlen Boden liegend, während andere Patienten bei den Wiederbelebungsmaßnahmen zuschauen, ist nicht menschenwürdig. Schon gar nicht in einem so sensiblen Bereich wie der Psychiatrie", sagt der Ehemann der Mitpatientin im KURIER-Gespräch. Die Station sei nach dem Vorfall in heller Aufregung gewesen. Seine Ehefrau werde zum Glück bald entlassen.
Der rätselhafte Todesfall wird jetzt von der Wiener Patientenanwaltschaft von Amts wegen untersucht. "Wir haben den KAV um eine Stellungnahme ersucht", sagt Patientenanwältin Sigrid Pilz.