Chronik/Wien

Rot-Grün schwört sich auf die Radler ein

Die rot-grüne Stadtregierung will auch weiterhin das Radfahren in Wien forcieren. Das lässt sich aus einem gemeinsamen "Grundsatzbeschluss" schließen, der am Mittwoch im Wiener Gemeinderat abgesegnet wurde. Verschiedene Maßnahmen wurden vorgestellt. Dazu zählen etwa die Schaffung neuer Abstellanlagen, unter anderem auch dank neuer mobiler Radständer, der Ausbau des Radweg-Netzes oder einer Änderung der Steuerung von Ampelphasen.

Die Stadt will - gemeinsam mit den Bezirken - nun eine Reihe von Maßnahmen "mit hoher Priorität" verfolgen, wie es im Antrag heißt. Konkret sollen die Lücken im Radwegnetz geschlossen und das Fahren gegen Einbahnen "möglichst flächendeckend" erlaubt werden. Weiters soll ein Beschilderungs- und Markierungssystem für hochrangige bzw. wichtige Radverbindungen geschaffen werden.

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Auch das Angebot an Abstellmöglichkeiten soll erweitert werden. Die MA 48 bietet nun umgebaute Lkw-Mulden an, die als temporäre Fahrrad-Parkplätze dienen. Sie verfügen über Platz für bis zu 20 Räder und sollen vor allem bei Veranstaltungen zum Einsatz kommen. Der Abstellplatz ist auch mit einem Erste-Hilfekasten sowie einem Fahrradreparatur-Set ausgestattet.

Mehr Fahrradstraßen

Auch die Einrichtung von mehr Fahrradstraßen und die Aufhebung der Benützungspflicht von Radwegen, "wo dies die Verkehrssicherheit zulässt", ist geplant. Neue Abstellmöglichkeiten an häufig frequentierten Orten sind ebenfalls vorgesehen. So wird es etwa am Hauptbahnhof eine wettergeschützte Fahrradstation geben. In Sachen Ampelschaltung wird geprüft, ob Grüne Wellen für Radfahrende eingerichtet werden könnten.

"Wien steht erst am Anfang eines Fahrradbooms", sagte Verkehrsstadträtin und Vizebürgerrmeisterin Maria Vassilakou. "Radfahren ist ein Thema, das regelmäßig in Wien für Aufregung sorgt", verwies Vassilakou vor dem Beschluss auf jüngste Debatten - etwa jene um die testweise grüne Einfärbung von Radwegen (mehr Bilder zur Teststrecke).

Der Anteil des Radverkehrs beträgt derzeit laut Vassilakou knapp über sechs Prozent. "Dieser Anteil ist sehr gering", befand die Ressortchefin. In anderen Städten sei er bedeutend höher. Manche in Wien seien offenbar der Meinung, dass mit einem höheren Anteil die Welt untergehe. Doch Vassilakou beruhigte: "Das Gegenteil ist der Fall. Die Welt geht nicht unter. Städte mit hohem Radanteil gewinnen an Lebensqualität."

Was nicht verschwiegen wird: "Zunehmender Radverkehr benötigt aber auch zusätzliches Geld." Insbesondere im Dialog mit "oft noch skeptischen bzw. verunsicherten Bevölkerungsteilen" seien personelle wie finanzielle Anstrengungen nötig, heißt es im Antrag. Diese würden sich aber bald rechnen, da etwa im Gesundheitsbereich dadurch Einsparungen möglich seien, wird versichert.

Kritik

Der Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien SPÖ und Grüne angenommen. Keine Zustimmung kam von FPÖ und ÖVP - die stattdessen Kritik an der Radpolitik der Koalition übten. „Radfahren ist sicher eine sinnvolle Mobilitätsvariante in Ergänzung zum Autoverkehr, aber die Art von Vizebürgermeisterin Vassilakou Radverkehrspolitik zu betreiben, ist kontraproduktiv, weil sie die Konflikte zwischen Fahrradfahrern und anderen Verkehrsteilnehmern eher schürt statt sie zu entschärfen“, sagte Wolfgang Ulm von der ÖVP im heutigen Gemeinderat.

„Was in Mittelerde Sauron war, ist in Wien der grüne Fahhradflüsterer Chorherr - zumindest aus der Sicht der Autofahrer“, sagt der Wiener FPÖ-Verkehrssprecher Toni Mahdalik. Die geplante Aufhebung der Radwegbenützungspflicht auch am Ring würde die unterjochten Autofahrer noch mehr knechten und ins Dunkel treiben. Neben Fiakern und Reisebussen könnten schon bald provokant dahingondelnde Radfahrer für Megastaus sowie eine Lärm- und Abgashölle am und rund um den Ring sorgen, so der blaue Radskeptiker. FP-Klubchef Johann Gudenus bezeichnete die Grünen als „verkehrspolitische Amokfahrer“, die rücksichtlos eine Klientelpolitik für eine Minderheit von Rad-Rambos machen würden.