Radbeauftragter antwortet Kritikern
Von Elias Natmessnig
Martin Blum hatte schon erfreulichere Tage. Wiens Radbeauftragter stand zuletzt stark in der Kritik, nachdem er die Zahl der Wiener, die im Winter Rad fahren, von 250.000 auf 170.000 korrigieren musste. Die Rathausopposition sprach daraufhin im Gemeinderat von geschönten Zahlen und forderte seinen Rücktritt.
KURIER: Herr Blum, wie kam es zu dem Rechenfehler?
Martin Blum: Da haben mehrere Faktoren zusammengespielt. Wir haben Unterlagen bekommen, bei dem die Grundgesamtheit nicht korrekt dargestellt wurde. Wir haben diese dann hochgerechnet ohne nachzufragen. Mir ist es aber wichtig, die Kirche im Dorf zu lassen. Wir haben rasch reagiert und die Zahlen richtiggestellt. Es ist auch keine Person zu Schaden gekommen.
Sind Sie an der Aufregung nicht mit schuld, wenn Sie davon sprechen, dass 250.000 Radler den Winter hindurch fahren? Damit suggerieren Sie, dass diese täglich auf das Rad steigen.
Wir haben sowohl bei der Pressekonferenz als auch in den Unterlagen darauf hingewiesen, dass die Leute geantwortet haben, „oft“, „mehrmals“ oder „selten“ ungeachtet der Jahreszeit auf das Rad zu steigen.
Die Opposition, aber auch Zeitungskommentatoren haben Sie ungewöhnlich hart kritisiert. Woran liegt das?
Das Thema Radfahren polarisiert einfach. Das ist auch in vielen anderen europäischen Städten zu sehen. Ich beobachte aber, dass es draußen anders ausschaut und die Menschen das Fahrradfahren nicht so ideologisch sehen. Ich begegne allen Menschen offen und versuche, in der Sache etwas weiter zu bekommen.
VP-Verkehrssprecher Roman Stiftner warf Ihnen vor, Zahlen zu schönen, um damit grüne Propaganda zu betreiben.
Diesen Vorwurf muss ich aufs Entschiedenste zurückweisen. Ich verwehre mich dagegen, dass ich Zahlen schöne.
Sie wurden zudem mehrfach aufgefordert, zurückzutreten.
Ich habe einen Dienstvertrag der Stadt Wien und keine politische Funktion.
Es wurde kritisiert, dass Ihre Mobilitätsagentur viel Geld bekommt, damit aber keine Radwege gebaut werden. Welche Aufgaben hat ein Radbeauftragter?
Meine Aufgabe ist es, Werbung für das Radfahren zu machen. Wir haben das Radjahr initiiert und sind mit unserem Fahrradhaus in die Bezirke gegangen. Bei der Aktion ‚Mit dem Rad in den Sommer‘‚ haben wir bei tausend Fahrrädern ein kostenloses Service gemacht. Da waren zum Teil Räder dabei, die alt und verstaubt waren. Man sieht also, dass wir die Menschen motivieren können, wieder aufs Rad zu steigen. Wir haben dazu auch eine Ombudsfunktion. Leute können zu uns kommen und gefährliche Stellen melden. Gemeinsam mit den zuständigen Abteilungen und Bezirken versuchen wir diese dann zu entschärfen. Zudem gehört die Vernetzung in der Verwaltung zu unseren Aufgaben.
Welche Projekte planen Sie?
Im nächsten Jahr wollen wir die Kinderkurse, die wir heuer schon verdoppelt haben, weiter ausbauen. Wir sind auch bei wesentlichen Planungen zum Ausbau der Infrastruktur eingebunden. Etwa weitere Langstreckenverbindungen von Niederösterreich nach Wien. Aber auch den möglichen Ausbau der Citybikes. Wien ist hier international Vorreiter. Es gibt Stadtteile, wo es nur wenige Citybikes gibt, etwa in Favoriten. Das schauen wir uns jetzt genau an.
Ein Thema, das ebenfalls polarisiert, ist die Mariahilfer Straße. Sollen Radfahrer dort in der Fußgängerzone fahren dürfen?
Wir sehen, dass seit der Verkehrsberuhigung der Radverkehr auf der Mariahilfer Straße deutlich zugenommen hat. Internationale Beispiele zeigen uns, dass Radfahren in einer Fußgängerzone funktionieren kann.
Es muss aber klar sein, dass der Radfahrer in einer Fußgängerzone immer nur ein Gast ist. Daher fände ich für schnellere Radler Alternativrouten parallel zur Mariahilfer Straße gut.