Posse um "unsichtbares" Messer bei Juwelendieb
Zwei gut gekleidete Männer kommen in ein Juweliergeschäft in der Kärntner Straße in Wien. Sie interessieren sich für Diamantringe – je größer, desto besser. Die Verkäuferin holt einen Fünf-Karat-Klunker aus dem Tresor. Einer der Männer steckt ihn mit einer geschickten Handbewegung in die Tasche, gibt die leere Schatulle zurück. Bevor die Männer gehen, lassen sie sich noch in Ruhe zwei Halsketten zeigen.
So weit decken sich die Versionen, die Jianguo M. und Rina Z. am Donnerstag vor dem Schöffengericht in Wien über die Geschehnisse des 12. Mai 2014 erzählen. Die beiden teilen sich die Anklagebank: Der Chinese wegen gewerbsmäßig schweren Diebstahls, die Juwelierin wegen falscher Zeugenaussage.
Ihr wird vorgeworfen, die Geschichte um eine bedrohliche Komponente erweitert zu haben. Wäre der 82.000 Euro teure Ring bloß gestohlen worden, hätte sie von der Versicherung keine Entschädigung bekommen. Für einen Raub schauen immerhin 40.000 Euro heraus.
"Er hatte ein Messer!", beteuert die 38-Jährige und gerät im Laufe der Befragung durch Richterin Elisabeth Reich zunehmend aus der Fassung. Zum fraglichen Messer hat sie sich in ihren Aussagen bereits zwei Mal widersprochen, auf dem Überwachungsvideo ist gar keines zu sehen. Warum sie, nachdem der Dieb sie angeblich mit den Worten "Stop or kill you" (sic!) bedroht hat, noch so ruhig geblieben sei, will Richterin Reich wissen. "Ich war im Schock, habe versucht, die Männer im Geschäft zu halten, bis mein Mann kommt, und mir hilft. Wer weiß, was die mir angetan hätten!", erklärt sie.
Der 47-jährige Erstangeklagte bestreitet das. Er sei nie bewaffnet; seine Masche seien Trickdiebstähle. Die Anklage nennt ihn einen "international tätigen Juwelendieb". Er ist zwei Mal einschlägig vorbestraft; einmal in Monaco, einmal in der Schweiz. In Deutschland hat man wegen eines weiteren Delikts seine Auslieferung beantragt.
Glückloser Trickdieb
Darauf angesprochen bricht Jianguo M. in Tränen aus. "Ich konnte bisher nichts erfolgreich stehlen, jedes Mal bin ich verhaftet worden", übersetzt der Dolmetscher. Er habe hohe Schulden in China, sei deshalb auf die schiefe Bahn geraten. Mit dem gestohlenen Diamantring habe er 7000 Euro lukriert. "Ein schlechtes Geschäft", sagt Richterin Reich, und verurteilt den 47-Jährigen zu zwei Jahren unbedingter Haft – Urteil noch nicht rechtskräftig.
Und Rina Z.? Ihr Verfahren wurde vertagt. Verteidigerin Astrid Wagner hat sich mit ihrem Antrag auf ein psychiatrisches Gutachten durchgesetzt. Ein Sachverständiger soll jetzt beurteilen, ob die Juwelierin aufgrund eines Schocks unterschiedliche Angaben zum Messer gemacht hat, bzw. ob sie es sich am Ende nur eingebildet hat, erklärt Wagner.