Chronik/Wien

Platzmangel: Die Irrfahrt zweier Frühchen durch drei Spitäler

Mit Ausnahme von etwas Bauchschmerzen sind die drei Monate alten Zwillingsschwestern Lea und Anna (Namen geändert) mittlerweile wieder weitgehend gesund und bei ihren Eltern zu Hause. Nach ihrer Geburt Anfang Juli mussten sie aber eine Odyssee durch mehrere Spitäler über sich ergehen lassen. Der Grund: In Wiens Spitälern gibt es immer wieder zu wenig freie Betten für frühgeborene Babys.

"Unsere Kinder wurden in der 34. Schwangerschaftswoche mittels Kaiserschnitt im AKH entbunden", erzählt ihr Vater Peter S. (Name geändert). "Dort waren sie auch sehr gut aufgehoben. Aber schon bei der Aufnahme wurde uns mitgeteilt, dass man unsere Kinder wahrscheinlich bald in ein anderes Spital verlegen wird müssen." Das AKH sei ausgelastet und müsse sich vor allem um die besonders schwierigen Fälle kümmern. Die Eltern baten die Ärzte, die Zwillinge ins Wilhelminenspital zu bringen, da es sich in ihrer Nachbarschaft befindet. Doch daraus wurde nichts: Als die Eltern fünf Tage nach der Geburt ihre Kinder im AKH besuchen wollten, wurden sie telefonisch verständigt, dass die Zwillinge bereits auf dem Weg ins Krankenhaus Tulln seien, weil es in ganz Wien keine freien Betten gebe. "So mussten wir jeden Tag 45 bis 60 Minuten nach Tulln fahren, um unsere Kinder zu besuchen. Dabei sollen gerade Frühgeborene so viel Zeit wie möglich mit ihren Eltern verbringen", sagt ihr Vater. Erst auf großen Druck der Eltern fand sich dann nach fünf Tagen doch ein Platz im Wilhelminenspital.

Kein Einzelfall

"Uns wurde auch gesagt, dass seit Jahren immer wieder Frühchen nach Niederösterreich gebracht werden müssen", sagt der Vater. "Für mich ist es unverständlich, dass es nicht mehr Plätze für Frühchen in Wien gibt."

Heinrich Schneider, Personalvertreter im Wilhelminenspital, bestätigt die Engpässe: "Die Zahl der Mehrlingsschwangerschaften nimmt zu, damit auch jene der Frühgeburten. Die nötigen Kapazitäten werden aber nicht ausgebaut." Dadurch komme es auch vor, dass Frühchen früher als es sinnvoll wäre, von Intensivstationen auf sogenannte Intermediate Care Stationen verlegt würden. Letztere sind eine abgestuftere Form der Betreuung.

"Das ist eine absolute Zumutung", sagt auch Beate Meinl-Reisinger, Klubchefin der Wiener Neos. "Die SPÖ-Gesundheitsminister haben es völlig verabsäumt, diese untragbaren Zustände zu beseitigen. Es braucht rasche Lösungen und einen gewissenhaften Umgang in der Gesundheitspolitik – gerade, wenn es um unsere Kinder geht."

"Die neonatologische Versorgung wird evaluiert und wenn notwendig, werden Kapazitäten erweitert", sagt eine Sprecherin des Krankenanstaltenverbunds. Ab 2005 habe man die Bettenzahl schon von 75 auf 117 erhöht. Heuer sei die Auslastung bisher bei 88,3 Prozent gelegen.Sie verweist darauf, dass auch viele Babys aus anderen Bundesländern in Wien betreut werden. Demnach wurden heuer 969 frühgeborene Kinder auf den neonatologischen Abteilungen behandelt. 148 davon waren Babys von Nicht-Wienerinnen, darunter 135 aus NÖ, dem Burgenland und der Steiermark.

Umgekehrt würden nur 49 Kinder von Wien in Spitäler dieser Bundesländer transferiert, "wobei diese Transporte auch auf Wunsch der Eltern, die die Kinder in ihrer Nähe haben wollen, stattfinden".