Parteijugend liefert sich Schlagabtausch mit Bundeskanzler Werner Faymann
Von Elias Natmessnig
Bei der jährlichen Tagung des SPÖ-Rathausklubs werden traditionell neue Projekte vorgestellt – doch am Donnerstag brachte die Flüchtlingsfrage den Zeitplan gehörig durcheinander.
Bundeskanzler Werner Faymann verteidigte seinen schärferen Kurs und erntete dafür lautstarke Kritik. Fünf junge Aktivisten der VSStÖ und der Aktion kritischer Schüler (AKS) pfiffen mit Trillerpfeifen und hielten Transparente in die Höhe. "Raus aus dem rechten Eck Werner" oder "Spielerwechsel", war dort zu lesen.
Ungewöhnlich scharf verteidigte Faymann seine Position: "Wir sind nicht in der Lage, alle Flüchtlinge aufzunehmen." Man habe einen Richtwert von 37.500 festgelegt, um zu zeigen, dass man auch heuer bereit sei, viele Flüchtlinge aufzunehmen. "Doch jetzt sind auch einmal die anderen Länder dran. Da können sie noch sieben Schilder in Höhe halten."
"Es ist an der Zeit, den Bundesparteivorsitzenden auszutauschen – Faymanns Politik hat nichts mehr mit Sozialdemokratie zu tun", entgegnet VSStÖ-Vorsitzende Raffaela Tschernitz im Gespräch mit dem KURIER. Man könne sich nicht hinstellen und sagen, man sei solidarisch, aber gleichzeitig Waffen in die Region liefern, spielt Tschernitz auf den Verkauf von 9000 Granaten nach Saudi-Arabien im Jahr 2010 an. Auch Obergrenzen seien völlig unrealistisch: "Die Leute suchen sich andere Wege. Oder will Europa alle Menschen vor den Grenzen erschießen, damit sie nicht kommen?"
Humanität, Ordnung
Häupl stärkte Faymann demonstrativ den Rücken. Das Motto des Wahlkampfs – Humanität und Ordnung – gelte nach wie vor: Daher lobte er ausdrücklich die Bezirksvorsteher von Floridsdorf und Liesing, die große Asylquartiere beherbergen. Und er betonte: "Ich unterstreiche, was Werner gesagt hat. Alle würden nichts lieber tun, als Kriege beenden. Was wir aber tatsächlich tun können, ist eine gemeinsame europäische humanitäre Politik machen." Häupl betonte erneut: "Wer die Regeln verletzt, hat die Chance, hier zu bleiben, verwirkt." Er sprach sich gegen eine unterschiedlich hohe Mindestsicherung für Österreicher und Flüchtlinge aus. Dies wäre verfassungswidrig und würde den Sozialabbau fördern.
Viele der folgenden Wortmeldungen kreisten um das Flüchtlingsthema, allerdings war man auch um Einigkeit bemüht: "Schmeißt die Plakate nicht weg, schickt sie an den Außenminister. Wir müssen zusammenhalten", sagte etwa Josef Kaindl, stellvertretender Bezirksvorsteher von Favoriten.
Gymnasium für alle
Für Inhaltliches blieb lange Zeit wenig Platz. Bei der anschließen Pressekonferenz ließ Häupl mit der Forderung nach einem "Gymnasium für alle" aufhorchen, denn Lehrpläne und Bücher der Unterstufe seien bereits ident mit jenen der Neuen Mittelschule (NMS), auch die Lehrerausbildung werde angeglichen.
Finanzstadträtin Renate Brauner forderte einmal mehr die Einführung einer Millionärssteuer und die Aufstockung des AMS-Personals in Wien um mindestens 400 zusätzliche Planstellen.
Präsentiert wurden auch 23 Bezirksprojekte. Eine Bestätigung dafür, dass Häupl künftig den Fokus auf die Grätzlpolitik legen will.