"Nicht Harvey Weinstein der Bier-Szene"
Die Sonne knallt auf das kleine Bierspezialitäten-Geschäft in der Strozzigasse in Wien-Josefstadt. Herr L. schleppt die letzten Kisten vom Keller in den Laden. Bis vor wenigen Tagen sorgte das nicht für Aufsehen. Doch jetzt gehen Passanten an seinem Geschäft vorbei und heben den Mittelfinger. Manche beschimpfen ihn. Andere hängen benutzte Tampons an die Tür.
Herr L. (er will nicht, dass sein Name hier genannt wird) hat es zu zweifelhafter Berühmtheit gebracht. Konkret war es eine Facebook-Nachricht an die ehemalige grüne Nationalratsabgeordnete Sigi Maurer‚ die dafür sorgte. „Hallo Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbei gegangen und hast auf meinen Schwanz geguckt als wolltest du Ihn essen.“ Der zweite Teil der Nachricht ist noch deutlich derber.
Maurer veröffentlichte die Nachricht in sozialen Medien. Sie sei schon so oft mit Hass und Drohungen konfrontiert worden. „Sich nicht zu wehren, ist keine Lösung. Es kann nicht sein, dass Belästiger davon ausgehen können, dass ihr Handeln konsequenzenlos für sie bleibt.“ Rechtlich habe es keine Möglichkeit gegeben. Der Widerhall hat aber selbst die Ex-Politikerin überrascht.
Drohungen
Denn seither hat der Geschäftsbetreiber keine ruhige Minute mehr. Seine Facebook-Seite hat er stillgelegt. „Sie können sich nicht vorstellen, welche Drohungen da gemacht worden sind“, sagt er. Man wolle ihn niederschlagen und sein Geschäft abfackeln, richtete man ihm aus. Aber auch Maurer bekam in Folge weitere Hassnachrichten
L. jedenfalls bestreitet, die Nachrichten an Maurer geschrieben zu haben. Außerdem, darauf legt er Wert, habe er nie eine Kundin belästigt. „Ich mache niemanden blöd an oder pöble herum.“ Mit seinem Anwalt Adrian Hollaender hat er die Ex-Politikerin wegen übler Nachrede und Kreditschädigung geklagt. „Was hier passiert, ist Lynchjustiz“, meint der Biershop-Betreiber. Oder wie es Anwalt Hollaender ausdrückt: „Er wird zum Harvey Weinstein (Hollywood-Filmproduzent, dem sexueller Missbrauch vorgeworfen wird, Anm.) der Bier-Szene gemacht. Und das zu Unrecht.“ Es müsse ein Gast gewesen sein, der die Nachrichten von seinem PC und seinem Facebook-Konto im Laden verschickt hat, wiederholt L. immer wieder. „Ich habe davon erst erfahren, als mich am nächsten Tag Medien angerufen haben und eine Stellungnahme wollten.“
Eine „Schweinerei“ seien diese Nachrichten. „Vor allem, weil sie mit meinem Namen geschickt worden sind. Ich habe dann versucht, die Frau Maurer zu kontaktieren. Aber es gab keine Reaktion.“
Das bestätigt die ehemalige Politikerin auch. „Er hat mich ins Geschäft eingeladen, um die Sache zu klären. Aber ich treffe mich sicher nicht mit jemandem, der mir droht, und ich besuche ihn auch nicht in seinem Geschäft. Das Gericht wird nun klären, ob seine Behauptungen stimmen.“
Viele Kunden hätten sich seither von L. abgewendet. Sein Plan, mit seinem Geschäft zu expandieren, liegt auf Eis. Stattdessen wird er Videokameras installieren. „Das passiert mir nicht mehr.“
Sigi Maurers täglicher Weg zur Arbeit führt übrigens noch immer an dem Geschäft vorbei.