Chronik/Wien

Nach Brand in Innenstadt: Verdächtiger in Haft

Er ist nicht tot; er liegt nicht unter den Trümmern, die von der Wohnung in der Marc-Aurel-Straße übrig geblieben sind. Er liegt nicht neben der Leiche der 23-jährigen Studentin.

Der 44-jährige Mietnomade, der seit dem Brand in der Innenstadt in der Nacht auf Mittwoch gesucht worden war, konnte mehr als 20 Stunden nach dem Feuer in Wien festgenommen werden. Der 44-Jährige wurde Donnerstagfrüh in der Löwengasse im dritten Bezirk aufgegriffen – stark alkoholisiert.

Betrunken

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Gegen 9 Uhr war die Polizei zu dem vorerst regungslosen Mann beordert worden. Im Rahmen der Hilfeleistung kam er zu sich, war jedoch zeitlich und örtlich nicht orientiert.

Der 44-Jährige wurde mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht. Im Zuge weiterer polizeilicher Erhebungen wurde festgestellt, dass es sich um jenen Mann handelt, der wegen des Verdachts der Brandstiftung in der Marc-Aurel-Straße gesucht wurde.

Das mit Benzin gelegte Feuer war am Mittwoch gegen 4.30 Uhr in der Wohnung im vierten Stock des Hauses am Hohen Markt/Ecke Marc-Aurel-Straße ausgebrochen. Zeugen berichteten von einem lauten Knall. Eine 23-jährige Studentin, deren Eltern im Italienurlaub waren, kam in der Nachbarwohnung ums Leben – eine Mauer war durch die Flammen umgefallen und hatte sie erschlagen.

Die Brandermittler hatten Benzinkanister im vierten Stock gefunden. Im dazugehörigen Kellerabteil ist ein weiterer Kanister gefunden worden, auch dort wurde Benzin verschüttet.

Laut Polizei hätte der Mieter am Mittwoch delogiert werden sollen. Es soll sich bei dem Mann um einen Mietbetrüger handeln – zumindest ist es nicht das erste Delogierungsverfahren gegen ihn.

Bilder vom Feuerwehreinsatz:

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Sie sind der Albtraum eines jeden Haus- oder Wohnungsbesitzers: Mietnomaden, die keinen Cent zahlen, die Wohnung verwüsten und dann zur nächsten Bleibe weiterziehen. Ein Extremfall spielte sich Mittwochmorgen in der Wiener Innenstadt ab: Ein 44-jähriger Mieter soll - nur wenige Stunden vor seiner Delogierung - sein Appartement angezündet haben. Bei dem Brand kam eine junge Frau ums Leben, der mutmaßliche Brandstifter sitzt nun in Haft. Unter Immobilieneigentümern wird nun erneut diskutiert, wie man Mietpreller wirksamer bekämpfen kann.

Die Tricks der Betrüger sind in der Branche leidlich bekannt: Zunächst häufen sich die Mietrückstände sukzessive an, danach werden das Gerichtsverfahren und die Räumung mit allen juristischen Mitteln so lange wie möglich verzögert. Wenn der Räumungsbefehl dann exekutiert wird, sind die Mietnomaden längst in eine andere Wohnung umgezogen – und das Spiel beginnt von Neuem.

Mehr Zwangsräumungen

Generell hat die Zahl der Miet- und Wohnrechtsangelegenheiten, die vor Gericht landen, in den vergangenen Jahren zugenommen. 2011 gab es allein in Wien 7640 Anträge auf Delogierung, weil die Mieter den Zins nicht zahlen konnten oder ihre Nachbarn gestört haben. 12.000 Menschen verloren so ihre Wohnung. Experten führen die vermehrten Zwangsräumungen allerdings hauptsächlich auf die wirtschaftliche Gesamtsituation zurück - und weniger auf die steigende Zahl an ungebetenen Miettouristen.

In Wien sei das Problem der Mietnomaden "mehr in den Medien als in der Realität angelangt", hieß es auch bei einer Pressekonferenz der Wiener Richter Im Jahr 2011. Besitzer von kleinen Geschäftslokalen seien häufiger davon betroffen als Wohnungseigentümer.

"Schlimme Folgen"

"Mietnomaden sind zunehmend ein Problem in Österreich", sagt hingegen der Wiener Rechtsanwalt Ronald Geppl, der auf Wohn- und Immobilienrecht spezialisiert ist. Mietbetrug habe zumeist "finanziell schlimme Folgen", und bis man den unerwünschten Gast mühsam und auf dem Gerichtsweg wieder los wird, könne locker ein halbes Jahr vergehen – "wenn einer geschickt ist, schafft er es auch, die Delogierung zwei oder drei Jahre hinauszuzögern".

Schützen können sich Vermieter laut Geppl am besten, indem sie das Maximum an Kaution, also sechs Monatsmieten, vereinbaren, "damit ist im Fall der Fälle zumindest ein Teil des Schadens abgedeckt" Des Weiteren rät der Anwalt dazu, nur befristete Mietverträge abzuschließen, kombiniert mit einem Räumungsvergleich. "Darin verpflichtet sich der Mieter vor Gericht dem Vermieter gegenüber, dass er die Wohnung zum Ende der vereinbarten Dauer räumt. Sollte er dann zu diesem Zeitpunkt nicht ausziehen, hat der Vermieter mit dem Räumungsvergleich die Möglichkeit, sofort die zwangsweise Räumung zu beantragen und muss nicht erst eine Klage einbringen", sagt Geppl.

Erkennen könne man Mietnomaden so gut wie nie. "Sie haben meist ein sehr gutes Auftreten und zahlen auch brav die erste Rate – nur dann kommt halt nichts mehr", erklärt Geppl.

Datenbank gefordert

"Seit Jahren haben wir diese Probleme", sagt auch Friedrich Noszek, der Präsident des Zentralverbands Haus und Eigentum in Wien. "Natürlich ist es meistens nicht so extrem, dass ein Krimineller gleich eine ganze Wohnung anzündet, wie das jetzt in der Innenstadt der Fall gewesen sein soll. Aber es gibt viele Leute, die boshafterweise eine Wohnung ruinieren oder Sachen abmontieren. Und wenn dann die Delogierung endlich durch ist, sind sie weg."

Noszek fordert daher "dringend ein beschleunigtes Verfahren. Derzeit dauert der Prozessablauf einfach viel zu lange, ist aufwendig und mühsam." Oftmals seien die Wohnungsbesitzer "einfach nur froh", wenn die ungeliebten Mieter dann endlich draußen sind, "und hauen den Hut drauf". Auf dem finanziellen Schaden bleiben sie sitzen.

Anders als in anderen Ländern gebe es in Österreich keine Website, auf der man nachschauen könnte, ob ein potenzieller Mieter vielleicht schon einmal als Mietnomade aufgefallen ist, sagen sowohl Geppl als auch Noszek. Letzterer könnte sich eine solche Datenbank aber sehr gut vorstellen. "Es wäre sicher gut, so ein Register aufzulegen. Belgien zum Beispiel hat so was."

Geppl äußert diesbezüglich datenschutzrechtliche Bedenken: "Wie will man wissen, ob da nicht vielleicht jemand böswillig die Unwahrheit über einen anderen verbreitet?"

"Natürlich muss alles belegt sein, was in so einem Register drin steht", meint Noszek. "Zum Beispiel dadurch, dass ein Gerichtsverfahren war." Nachsatz: "Aber mir ist bewusst, dass so ein Vorschlag sicher zu einem Aufschrei führt. Und man wieder einmal versuchen wird, den Wohnungsbesitzern das Bummerl zuzuspielen."