Mitmach-Stadtplan der Emotionen
Das Allgemeine Krankenhaus (AKH) macht Angst. Das Hauptgebäude der Uni Wien und das Rathaus verärgern. Im Schlosspark Schönbrunn küsst es sich gut und das Cobenzl-Gebiet stimmt glücklich. Diese emotionalen Verbindungen zu verschiedenen Orten Wiens zeigt die Karte der Gefühle, die derzeit im Wien Museum am Karlsplatz bewundert und mitgestaltet werden kann.
Der gefühlige Stadtplan steht am Ende der Ausstellung "Wien von oben". Sie zeichnet nach, wie sich Landkarten, Modelle und andere Gesamtdarstellungen der Stadt seit dem 15. Jahrhundert entwickelten. Ein Teil der Schau widmet sich alternativen kartografischen Perspektiven auf Wien, die gesellschaftlicher Wandel und technischer Fortschritt zunehmend möglich machen. "Karten sind kein obrigkeitliches, verordnetes Medium mehr. Jeder kann sich heute selbst Karten machen", erklärt Kuratorin Elke Doppler. Museumsbesucher dürfen letzteres auch ausprobieren.
Verzeichnis der Gefühle
Mit bunten Klebepunkten markieren sie in einem großen Stadtplan an der Wand, wo sie besonders emotionale Begebenheiten erlebten. Blaue Punkte markieren angstvolle, orange freudige und violette ärgerliche Ereignisse, pinke stehen für Flirts und schöne Küsse. Auf gleichfarbigen Karteikarten wird jenes Erlebnis notiert, das die Emotion auslöste.
Die Kärtchen sind in Schachteln neben der Karte der Gefühle aufbewahrt, jeder kann darin schmökern. "Hüsn trinken an der alten Donau – Wöd!" ist etwa als Erklärung für Glücksgefühle am Kaiserwasser zu lesen. "Betrunkene Leute" sind die Ursache für Angst-Empfinden am Praterstern. "Bau eines Hochhauses" wird als Begründung für einen Ärger-Vermerk am Heumarkt genannt, die "Politik der ÖVP" für jenen in der Lichtenfelsgasse.
Rund 1000 Karteikarten wurden bisher ausgefüllt. Die orangen und pinken sind entgegen der Erwartung am beliebtesten, sagt Kuratorin Doppler. "Wir hatten schon Angst vor dem grantigen Wiener." Während andere Farben bereits nachbestellt werden mussten, sind noch genügend violette Karteikarten und Klebepunkte da. Probleme gab es aber mit rassistischen Kommentaren, sagt Doppler. Nachdem sich Besucher darüber beschwerten, sortiert das Personal nun Kärtchen mit beleidigenden oder strafrechtlich relevanten Äußerungen aus. Dass die emotionale Landkarte so gut ankommt, hätte Doppler nicht gedacht. Ihre Erklärung: "Die Frage nach Gefühlen spricht wohl jeden an. Und man interessiert sich auch für die Gefühle der anderen."
Ort der Liebe
Die Wien-Karte der Gefühle ist noch bis 17. September zu sehen. Doppler schwebt vor, die Einträge anschließend auswerten zu lassen: "Wir sind mit verschiedenen Institutionen im Gespräch." Auch das Wien Museum selbst ist übrigens in der Karte erfasst. Zwei Besucher setzten pinke Punkte und beurteilten es als schönen Ort zum Küssen.