Millionenpleite eines Wiener Mordopfers
Sieben Jahre lang klärten die erfahrenen Wiener Mordermittler jede Bluttat. Doch seit dem 24. Juni 2016, ein Uhr Früh, ist die Lage etwas anders: Da wurde der 50-jährige Bauunternehmer Davud Behudin Delic mit vier Schüssen getötet. Drei Projektile trafen ihn im Bein, das letzte im Halsbereich. War es eine schiefgelaufene Drohung? Eine "Hinrichtung", wie mancherorts geschrieben wurde? Ging es um Schutzgeld oder offene Geldforderungen? Und vor allem: Wer war der Schütze?
Tatsächlich haben die Beamten des Landeskriminalamts bis heute keine konkreten Antworten auf diese Fragen gefunden. Die Fäden laufen tief in das organisierte Verbrechen, die Ermittlungen sind schwierig und zäh. "In dem Bereich werden vor allem Bargeschäfte getätigt", heißt es aus Polizeikreisen. Es ist ein Fall, in dem es eher zu viele mögliche Verdächtige gibt als zu wenige. Vieles deutet derzeit daraufhin, dass es ähnlich wie beim letzten Mord im mafiösen Milieu – der Bluttat im Café Cappuccino in Wien-Hernals – keine Aufklärung geben wird. Spannendes Detail: Es gibt Verbindungen zwischen den Mordfällen im Jahr 2006 und dem 2016 in der Wiener City.
600 Schwarzarbeiter
Der dubiose Unternehmer Davud Delic, ein 135 Kilo schwerer Ex-Boxer, betrieb Ende der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre als Behudin Delic mehrere Baufirmen am südlichen Stadtrand von Wien. Es hieß, er könne innerhalb eines Tages bis zu 600 Schwarzarbeiter organisieren. Im Zuge von Bautätigkeiten lernte er 1997 einen Chefinspektor des Sicherheitsbüros (dem heutigen Landeskriminalamt) kennen.
Plötzlich Akademiker
In der Folge bekam Delic plötzlich einen Diplomingenieur-Titel, nutzte den Vornamen Davud statt Behudin und stieg wieder ins Baugeschäft ein. Die Ärztekammer zählte zu seinen größten Kunden. Angeblich soll er auch am Scotch-Club beteiligt gewesen sein, mutmaßten Boulevardmedien. Von einem 300.000-Euro-Anteil ist die Rede. Allerdings: Er taucht weder als Besitzer noch als Geschäftsführer auf.
Aus seinem familiären Umfeld wurde dem KURIER mitgeteilt, dass der Club Delic nicht gehört habe. Dass er angeblich eine so große Investition getätigt haben soll, aber nun posthum eine Millionenpleite hinlegt, ist ein weiteres Rätsel. Über seine Verlassenschaft wurde Anfang Februar 2017 ein Konkursverfahren eröffnet. Laut Aktenlage wird das Vermögen mit nur rund 16.500 Euro beziffert, der Schuldenberg beträgt hingegen 2,22 Millionen Euro.
Schulden bei der Ex-Frau
Der Großteil der Schulden stammt aus "seinen früheren Machenschaften", heißt es dazu von einem Verwandten. Rund 1,2 Millionen Euro schuldete er zu Lebzeiten einer regionalen Sparkasse und 692.000 Euro der Gebietskrankenkassa. Außerdem soll er den Zahlungsverpflichtungen gegenüber seiner Ex-Frau nicht nachgekommen sein. Sie hat 225.000 Euro Forderungen im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren. Einzelne Gläubiger, darunter weitere Banken, hatten schon Inkassobüros beauftragt. Auch die Republik Österreich versuchte 22.000 Euro per Gericht einzutreiben. Kurios ist auch eine weitere Forderung: Seine Söhne haben die Bestattungskosten in Höhe von 4000 Euro im Insolvenzverfahren als Forderung angemeldet.