Mein G'schäft: Scharfes Früchtchen kann’s auch mild
Von Anna-Maria Bauer
„Pass auf, das ist mit Chili, das ist viel zu scharf für dich!“
Wie oft haben Simone Taschée und Klaus Postmann diesen Satz gehört und sich geärgert, weil er viel zu kurz gegriffen sei. Und so haben sie vor drei Jahren beschlossen, das Image der Schote zu heben – und die Chili-Werkstatt eröffnet. Denn die Frucht, sind die beiden überzeugt, tauge für viel mehr als nur für Schärfe-Wettessen.
Gin bis Erdbeeraufstrich
Wozu die roten, gelben und manchmal auch weißen Schoten verarbeitet werden können, zeigt ein Rundgang durch ihr Geschäftslokal in der Pilgramgasse in Wien-Margareten:
Es reihen sich Flaschen mit Chili-Gin oder Chili-Eierlikör aneinander. An der Theke liegt eine Chili-Schokolade und hinten links im Regal steht Erdbeeraufstrich mit pfiffigem Einschlag. Für alle, die es lieber klassisch haben: Pulver oder feurige Saucen gibt es natürlich auch.
Wieso sich die beiden der Frucht verschrieben haben?
Aus Mexiko
Liebe auf den ersten Biss war es jedenfalls keine, gesteht Simone Taschée und lacht. „Kennengelernt habe ich sie vor 20 Jahren in Mexiko.“ Abseits der Touristenpfade, wo man Speisen bekommt, wie sie auch die Einheimischen essen.
„Ich beiß’ hinein – und war entsetzt. Aber dann habe ich mir gedacht, da muss doch etwas dahinterstecken, sonst würde das ja niemand zwei Mal essen.“
Wie gesund die Chili ist, fand sie bald heraus: „Sie ist gut für den Stoffwechsel, verdauungsfördernd, desinfizierend, antibakteriell.“ Und so vielseitig: Es gebe 600 bis 700 unterschiedliche Sorten in verschiedensten Schärfegraden. „In Mexiko kommen allein in ein Gericht meist drei bis fünf verschiedene Sorten“, sagt die 45-jährige Lokalchefin. Und trotzdem seien sie nicht „richtig scharf“. Das Gericht soll jeder essen können – vom Kleinkind bis zum Greis. „Obwohl“, räumt ihr Mann ein, „vielleicht gibt es in Mexiko eine andere Eichung“.
Die Ur-Chilis kommen zwar aus Mexiko, die Früchte, mit denen Simone Taschée und Klaus Postmann arbeiten, wachsen aber in der Region. Bauern aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland produzieren für Simone Taschée und Klaus Postmann knapp 50 unterschiedliche Chili-Sorten.
Carolina Reaper
Jene, zu der Simone Taschée nun greift, ist die zur Zeit schärfste: Carolina Reaper; auf der zehnteiligen Schärfeskala erhält sie eine 10+. Vorsorglich hat sich die Lokalchefin deshalb Plastikhandschuhe angezogen. „Wenn man sich mit etwas von der Chili an den Fingern in die Augen greift, ist das nur mäßig angenehm“, sagt sie und grinst. Dann hält sie die Schote in die Höhe und zeigt auf den kleinen Stachel am unteren Ende der Schote: „Das ist ein Indiz für die Schärfe. Und auch, dass die Haut nicht glatt, sondern ein bisschen geriffelt ist. “ Mit der Farbe habe das aber nichts zu tun.
Wissen wie dieses, erfahren jene, die ihre Workshops besuchen. Angeboten werden Einheiten für Anfänger oder auch Hot-Sauce-Profis. Wird es dabei manchmal zu heftig? Oben auf dem Regal neben der Kassa steht ein Erste-Hilfe-Kasten. Simone Taschée muss lachen. „Aber, nein, das ist nur der verpflichtende Erste-Hilfe-Kasten, der als Spaß platziert ist.“ Generell gehe es ihnen ja auch darum, die Milde in der Chili zu entdecken.
Sollte es aber doch einmal zu scharf werden, helfe aber Brot, Milch oder Joghurt.