Maria Vassilakou: "Wir wollen sechs grüne Bezirksvorsteher"
Von Elias Natmessnig
KURIER: Frau Vassilakou, wissen Sie schon, was Sie am 12. Oktober machen?
Maria Vassilakou: (überlegt) Ich werde das Wahlergebnis analysieren und mich auf die Verhandlungen für Rot-Grün vorbereiten.
Im Fokus steht derzeit das Duell Häupl gegen Strache. Angst, daneben unterzugehen?
Das Duell ist ja nichts Neues. Das hatten wir schon 2005 und 2010. Das wird immer wieder heraufbeschworen, dann ist die SPÖ wieder Erster, der Herr Strache wird wieder nichts und verabschiedet sich für die nächsten fünf Jahre. Viele Leute interessiert das Duell nicht, sondern wie die Zukunft Wiens aussehen soll.
Dennoch warnten Sie zuletzt vor Rot-Blau. Wo sehen Sie denn Anzeichen in der Wiener SPÖ dafür?
Ich glaube Michael Häupl, wenn er sagt, dass das für ihn nicht in Frage kommt. Aber er ist nicht alleine in der Partei. Wir wissen seit unserer Regierungszusammenarbeit, dass die SPÖ nicht hundertprozentig treu ist, und es auch Rote gibt, die sich das vorstellen können. Grün zu wählen ist daher die beste Garantie dafür, dass es eine konstruktive Regierung gibt und nicht eine, die auf Angst setzt.
Zuletzt sorgte das mögliche Antreten einer türkischen Liste für Wirbel. Könnte das den Grünen Stimmen kosten?
Für das Abschneiden der Grünen ist die Liste irrelevant. Aber darum geht es auch nicht. In der Demokratie steht es ihnen selbstverständlich frei, anzutreten. Ich aber betrachte das Aufkommen ethnischer Listen mit Skepsis.
Ab welchem Ergebnis wären die Grünen und Sie zufrieden?
Mein Ziel ist, mehr zu haben als bei der letzten Wahl. 15 Prozent wären schön. Es geht aber nicht nur darum, mehr Stimmen zu bekommen. Wesentlich wichtiger wäre, dass wir mehr Bezirksvorsteher stellen. Unser Ziel sind sechs grüne Bezirksvorsteher. Und zwar in den Bezirken 4, 6, 7, 8, 9 und 18. Die Draufgabe wäre ein zweiter grüner Regierungssitz.
Auch die ÖVP will in die künftige Regierung. Es dürfte also auch hier zum Duell kommen. Was spricht für Rot-Schwarz?
Nichts. Rot-Schwarz steht für Stillstand und gegenseitiges Blockieren. Mit Rot-Schwarz hätten wir keine 365-Euro-Jahreskarte, keine neuen Gemeindebauten, keine Verkehrsberuhigung.
Haben Sie schon Ziele, sollte es zu einer Neuauflage von Rot-Grün kommen?
Die Beibehaltung der 365-Euro-Jahreskarte und die Ausweitung ins Wiener Umland sind auf alle Fälle Ziele. Dazu wollen wir einen garantierten Kindergartenplatz für alle Zweijährigen und 1000 zusätzliche Lehrer. Weiters ein Maßnahmenpaket gegen Immobilienspekulanten und neue Gemeindewohnungen.
Auf der Mariahilfer Straße wird am 31. Juli der Schlussstein gelegt. Ihr wichtigstes Projekt in den vergangenen fünf Jahren?
Schwierige Frage. Die Mariahilfer Straße war sicher der größte Aufreger, wichtiger war für mich aber die 365-Euro-Jahreskarte.
Die Gegenstimmen zur Mahü waren sehr laut. Haben Sie jemals am Projekt gezweifelt?
Ich habe darauf vertraut, dass es wunderschön sein wird. Ich hatte aber einen Informationsvorsprung, weil ich die Planungen bis ins Detail kannte. Es ist ein Riesenerfolg für alle Beteiligten geworden. Aus vielen Kritikern sind Befürworter geworden. Auch dass viele Kaufleute, die einst dagegen waren, am Eröffnungsfest am Samstag teilnehmen, zeigt, dass es ein gutes Projekt geworden ist.
Jetzt wollen die Grünen die Landstraße angehen. Erwarten Sie da nicht ähnliche Proteste?Nein. Verkehrsberuhigung in der Stadt bedeutet, dass es mehr Platz und mehr Aufenthaltsqualität für die Menschen gibt. Wenn wir eines aus der Mahü gelernt haben, dann, dass Begegnungszonen gut funktionieren, gleichzeitig das Auto aber nicht ausgeschlossen ist.
Es ist vollbracht. Rechtzeitig vor der Wahl im Oktober wird das wohl umstrittenste Projekt der rot-grünen Koalition fertiggestellt. Am 31. Juli lädt Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou zur Schlussstein-Legung in die neu gestaltete Mariahilfer Straße. Sie wurde in den vergangenen Monaten zur Fußgänger- und Begegnungszone umgebaut. Am 1. August findet das Eröffnungsfest statt, bei dem die Makemakes auftreten. Zeit für eine Bilanz.
Hält der Zeit- und Kostenrahmen?
"Zum Baubeginn im Mai 2014 haben wir den 31. Juli als Fertigstellungstermin angepeilt. Wir haben also eine Punktlandung hingelegt. Bei Projekten in dieser Größenordnung ist das keine Selbstverständlichkeit", freut sich Projektkoordinator Peter Lux. Mehr noch: "Die veranschlagten Baukosten von 25 Millionen Euro werden unterschritten." Die genaue Differenz stehe noch nicht fest, "es ist aber jedenfalls ein ansehnlicher Betrag", betont Lux.
Bilder der neuen Mahü:
Funktioniert das Verkehrskonzept?
Anders als zu Beginn nutzen die Passaten (vor allem an den Wochenenden) zunehmend auch die Straßenmitte. Viele Radler halten sich aber immer noch nicht an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit in der Fußgängerzone. "Die Beschwerden sind aber weniger geworden", sagt Nikolaus Authried vom ÖAMTC. Er kritisiert die Einbahnregelung in den Seitengassen: "Vor allem Ortsunkundige sind dort wie in einem Labyrinth unterwegs. Das konterkariert die Idee der Verkehrsberuhigung." Authried bemängelt auch den Wegfall von rund 300 Parkplätzen. Zumindest in der Nacht sollten wenigstens die Anrainer in der Mariahilfer Straße parken dürfen. "Zudem sollte eine weitere Querung geöffnet werden."
Wie hat sich der Umbau auf die Betriebe und Geschäfte ausgewirkt?
Auch hier fällt die Bilanz zwiespältig aus: "Gewinner sind Kleinunternehmer mit Textilien und die Gastronomie, die jetzt mehr Platz für Schanigärten hat", sagt Erwin Pellet von der Wirtschaftskammer. "Verlierer sind Geschäfte, die Produkte verkaufen, für deren Abtransport man ein Auto braucht – etwa der Elektrohandel." Generell gebe es für die Betriebe durch die neue Verkehrsgestaltung noch Probleme bei der Anlieferung, auch die Parkgaragen würden leiden.
Ist noch mit Routen-Änderungen der Buslinie 13A zu rechnen?
Zunächst war geplant, den 13A in Richtung Alser Straße durch die Fußgängerzone zu führen. Nach massiven Sicherheitsbedenken der Busfahrer wurde die Route verlegt. Derzeit fährt der Bus zwischen Capistrangasse und Kirchengasse durch die Begegnungszone. Hier ist nach Abschluss der Bauarbeiten mit mehr Fußgängern auf der Fahrbahn zu rechnen. "Wir werden sehen, was letztlich auf diesem Abschnitt los sein wird. Grundsätzlich ist es aber für uns einfacher, durch die Begegnungs- statt durch die Fußgängerzone zu fahren", sagt Leopold Wurm, Betriebsrat bei den Wiener Linien. "Sollte es zu Problemen kommen, werden wir handeln müssen."