MaHü: Prestigebau im Eilzugstempo
Von Josef Gebhard
Hoffentlich bleiben uns Tage wie dieser in den nächsten Wochen weitgehend erspart", sagt Projektkoordinator Peter Lux und schaut auf den Regen hinaus, der auf die Mariahilfer Straße niedergeht. Normalerweise sorgen hier bis zu 90 Arbeiter zwölf Stunden pro Tag dafür, dass die Fußgänger- und Begegnungszone in Österreichs größter Einkaufsstraße möglichst noch vor den Wien-Wahlen fertig wird. An diesem Montag stehen wetterbedingt die meisten Bagger still.
Auch in Sachen Kosten (veranschlagt sind insgesamt rund 25 Millionen Euro) sei man derzeit völlig im Rahmen. Die für heuer geplanten weiteren Bauarbeiten sollen bis zu Beginn des Weihnachtsgeschäfts abgeschlossen sein.
Schachbrett-Muster
Wie das umstrittene rot-grüne Prestigeprojekt letztlich aussehen wird, lässt sich aber jetzt schon erahnen: Die Gehsteige in den Begegnungszonen werden verbreitert, die Fahrbahn in der Mitte, die auf gleicher Ebene liegt, wird mit kleineren, strapazierfähigeren Steinen gepflastert. Die Fußgängerzone erhält einen Belag aus Granitsteinen, die fünf sogenannten Lounges für die Sitzmöbel sind an ihrem Schachbrett-Muster zu erkennen.
Für Lux ist das Projekt eine deutlich größere Herausforderung als bisherige Fußgängerzonen-Neu- und -Umbauten, etwa in der Kärntner Straße. Damit meint er gar nicht die Polit-Querelen im Vorfeld. "Diese Baustelle ist technisch sehr komplex, allein schon wegen der großen Zahl an Menschen, die entlang der Baustelle wohnen. Eine weitere Herausforderung ist die U-Bahn, die unterhalb der Mariahilfer Straße relativ seicht verläuft." Deshalb sei der Einsatz schwerer Baumaschinen sehr heikel.
Apropos Anrainer: Aufgrund intensiver Info-Politik hielte sich die Zahl der Beschwerden über die Baustelle in Grenzen, sagt Lux.
Händler jammern
Der erste Abschnitt der Bauphase 2014 (siehe links) wird nach jetzigem Stand bis Mitte August abgeschlossen sein. In einer zweiten Phase wird fast der gesamte restliche Teil der Fußgänger- und Begegnungszone stadteinwärts bis zur Kirchengasse errichtet. Mitte November sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein.
Ab März 2015 erfolgt dann der Bau der Begegnungszone zwischen Kirchengasse und Museumsplatz sowie des kurzen Abschnitts vor dem Stafa-Gebäude. Ende Juli 2015, so hofft Projektkoordinator Peter Lux, sollte der gesamte Umbau auf einer Länge von rund 1,6 Kilometern fertig sein.
Auf 43.000 m² werden insgesamt 420.000 Pflastersteine neu verlegt. Zusätzlich erhält die Einkaufsstraße 111 neue Straßenlampen und 82 zusätzliche Sitzgelegenheiten. Weiters vier Wassertische, an denen sich die Besucher an heißen Tagen erfrischen können. Den Passanten soll nach dem Umbau der Einkaufsstraße kostenloses WLAN zur Verfügung stehen. Auch das Leitsystem für Blinde wird vollkommen neu gestaltet.
Maria Vassilakou ließ sich auch von einem erbosten Anrainer nicht irritieren. „Nach langer harter Arbeit wird heute ein Traum wahr“, sagte die grüne Vizebürgermeisterin, die Flüche aus dem Publikum ignorierend. Entgegen vieler Widerstände hat Vassilakou die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße durchgesetzt.
Die nächsten Monate wird die Einkaufsmeile allerdings zur Baustelle. Am Montag starteten die Arbeiten für die Abschnitte zwischen Neubaugasse und Andreasgasse, sowie Zieglergasse und Schottenfeldgasse. In dieser Zeit sollen auch die zwei Querungen eingerichtet werden. Ab Mitte August folgt dann der zweite Bauabschnitt, 2015 wird der Umbau abgeschlossen.
Unmut und Freude
„Ich denke, dass die Mariahilfer Straße den sechsten und siebten Bezirk verändern wird“, sagte Vassilakou bevor sie zum symbolischen Spatenstich marschierte. Das glauben auch einige alteingesessene Anrainer, allerdings nicht zum Positiven.
Sie waren gekommen, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Etwa Karl Schröter, der in der Stollgasse wohnt. „Wir leiden seit Monaten unter dem Hirngespinst der Frau Vassilakou“, wetterte er. Viele Unternehmer sehen das ähnlich (siehe auch rechts), berichten über Umsatzeinbußen. Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank beklagte eine „Unternehmerfeindlichkeit, die es bisher noch nicht gegeben hat“.
Doch nicht alle Kaufleute wollen ins Klagelied einstimmen. „Mein Großvater war verzweifelt, als die Kärntner Straße zur Fußgängerzone wurde. Er hat sich geirrt“, sagt Thomas Giehser, der in der Zieglergasse das „Tee & Geschenke“ betreibt. Er begrüßt den Umbau. Man müsse sich auf Veränderung einstellen. „Wir bieten etwa ein Heimlieferservice ab 100 Euro Einkauf“, sagt Giehser.
Es gibt auch Anrainer, die sich auf die neue Mariahilfer Straße freuen. „Ich sehe den Umbau positiv“, sagt Florian Chmelik. Auto hat er keines. „Ich fahre mit den Öffis und dem Rad.“
„Wir sind alle dafür“, sagt auch Manuela Fattal, die mit ihren kleinen Söhnen Max und Luis regelmäßig auf die Mariahilfer Straße kommt. Sie wünscht sich mehr Grün und Spielraum für ihre Kinder. Alles happy also? „Die Radler finden wir nicht so gut.“