Chronik/Wien

Sexplakat erregt die Gemüter

Sexismus in der Werbung ist ein Thema, das offenbar aufregt. Enormes Echo löste auch der KURIER-Bericht über die Kritik an einem in Krems, NÖ, affichierten und als sexistisch eingestuften Werbeplakat aus. Das ist kein Einzelfall: Von Oktober 2012 bis Oktober 2013 sind 215 Beschwerden beim österreichischen Werberat eingelangt. Meist zum Thema „Geschlechter-diskriminierende Darstellung“.

Eindeutig fällt auch das Urteil der Wiener „Werbewatchgroup“ zum aktuellen Fall aus: „Es besteht kein sachlicher Zusammenhang zum beworbenen Produkt bzw. der beworbenen Boutique. Die sexualisierte Darstellung der Frau, verbunden mit der Verharmlosung von Gewalt, stellt eine Mehrfachdiskriminierung dar.“

Negativbeispiel

Wie berichtet, hatte eine Lehrerin und Künstlerin das in Krems angebrachte Plakat als sexistisch eingestuft und als Negativbeispiel im Unterricht verwendet. Am Donnerstag trafen sie und der Boutiqueninhaber, der das Plakat selbst gestaltete, auf einander. Andrea Brunner-Fohrafellner bekräftigte ihre Ansicht, dass das Plakat die Frau zum Objekt degradiere. Alexander Lengauer sagt: „Natürlich wollen wir auffallen.“ Aber böse Absicht habe er keine gehabt.

Herabwürdigend

Zum Vorwurf, dass Werbung häufig Frauen in herabwürdigender Weise darstelle, meint Lengauer: „Vor zwei Jahren hatten wir an der selben Stelle auf dem Plakat einen Mann, der seine Hand in die Boxershort gesteckt hatte. Das hat bis auf einen katholischen Mann niemanden aufgeregt“, sagt Lengauer. „Sowas ist kein Problem“, findet seine Kontrahentin.

„Der hatte doch die Hand am Penis“, beharrt Lengauer erstaunt. „Mit der Darstellung von Sexualität habe ich kein Problem, sondern mit dem Zuweisen stereotyper Rollen an Frauen“, hält Brunner-Fohrafellner dagegen.

Der KURIER befragte Passanten: „Ich find’ es nicht so schlimm. Körperbetonte Darstellung eben“, findet Stephanie Marko aus Krems. Dugonja Dzenan aus Krems mag das Plakat. „Mir gefällt das. Mädchen vielleicht nicht.“ Ganz anders Hanna Sohner aus Herzogenburg und Pia Buchinger aus Langenlois: „Das ist sexistisch. Uns stört es nicht, aber wir verstehen, wenn es andere stört.“ Entsetzt äußert sich Manuela Reithmaier aus Bayern: „Ich finde das grauslich. Es ist entwürdigend, wenn das Frauenbild in der Öffentlichkeit so dargestellt wird: Die Frau als das Objekt, der Mann der aggressiv Agierende.“

Der KURIER führt dazu seit Donnerstag eine Online-Umfrage durch. Zwischenergebnis: Rund 60 Prozent der Leser finden, das Plakat gehe eindeutig zu weint. 40 Prozent verstehen nicht, was daran schlimm sein soll.

"Sex sells" - Das ewiggültige Werbecredo:

Die Watchgroups gegen sexistische Werbung in Graz, Salzburg und Wien haben gemeinsam einen klaren Kriterienkatalog erarbeitet, an dem sie Werbung messen.

Darin nehmen Klischees über Frauen und Männer einen wichtigen Platz ein. „Geschlechterklischees sind verkürzte, alltagsfremde, einengende, auf- oder abwertende Symbole historischer und gegenwärtiger Vorstellungen dessen, was wir als „weiblich“ und „männlich“ verstehen (sollen)“, heißt es unter anderem.

Vorurteile Frauen und Männern gegenüber sind ein weiterer Bereich. Zitat-Ausschnitt: „Die Darstellung von Frauen in untergeordneter Funktion, als unterstützend, schwach, krank, zerbrechlich...

Die Darstellung von Männern als rationale Ernährer, unsensibel, Gesundheitsmuffel, heterosexuell, triebgesteuert und handwerklich geschickt . . .“

In der Mann-Frau-Beziehung geht es oft um die Darstellung des Mannes in dominierenden und verfügenden Positionen. Beispiel: „Die Stilisierung der Abhängigkeit der Frau durch besitzergreifende Gesten des Mannes“, das ist ein weiterer Kritikpunkt am Plakat.

Sexistische Werbung definieren Watchgroups so: Sie ist die Darstellung von geschlechterbezogenen Vorurteilen und Verhaltensweisen, die eine Personengruppe (z.B. Frauen, Männer, Transgender, Homosexuelle) gegenüber einer anderen sozial abwertet. Menschenrechtlich betrachtet sind Abwertungen oder Stereotypisierungen von Frauen in Medien und Werbung eine ausdrückliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

Der Appell der Watchgroups: Die Aufgabe von Werbeschaffenden und Zivilgesellschaft muss sein, die Menschenrechte zu achten und Werbebotschaften, die sexistische, abwertende und diskriminierende Darstellungen beinhalten, zu ändern.

www.werbewatchgroup-wien.at