Chronik/Wien

Kopfschuss für Mörder bei Häfen-Freigang

Man kommt direkt ein bisschen durcheinander: Wer ist da jetzt der "Killer", der Angeklagte oder das Opfer?

Um halbwegs Klarheit zu bekommen, muss man ins Jahr 2002 zurückblicken: Damals ließ Ludwig M. einen Geldverleiher ermorden, bei dem er hohe Schulden hatte. Während M. die 15 Jahre Haft absaß, reichte seine Frau die Scheidung ein  und heiratete den Wiener Taxler Johann Gratcl. Auch diese Ehe hielt zwar nicht lang, Gratcl und M. buhlten nun fortan aber beide um die selbe Ex-Frau.

Anfang heurigen Jahres hatte M. seine Strafe verbüßt. Angeblich ließ er Gratcl noch aus dem Häfen die Droh-Botschaft zukommen, er werde ihn in jedem Taxi suchen, so bald er heraus komme. Bis dahin bekam er mehrmals Freigang, wobei der ehemalige Mord-Auftraggeber vor dem Gefängnis in Garsten, OÖ, schon seinen Audi A 6 geparkt hatte.

Nicht witzig

Am 8. Februar fuhr Häfen-Urlauber Ludwig M. nach Wien und parkte sich bei der Wohnung seiner und Gratcls Ex-Frau  ein. Neben ihm hielt ein Taxi, der Lenker – Gratcl – kurbelte sein Seitenfenster herunter und schoss mit einer Pistole  Walter PKK zwei Mal durch die Seitenscheibe des Audi.

Ludwig M. wurde an der Schulter getroffen, die zweite Kugel zerfetzte seinen Unterkiefer, er überlebte den Anschlag knapp.

"Wenn ich in den Spiegel schau, seh ich, dass ich ang’schossen worden bin. Witzig ist das net", sagt er als Zeuge (begleitet von Anwalt Rudolf Mayer) beim Prozess im Wiener "Landl".

"Er wollte M. wegputzen", sagt Staatsanwalt Marcus Schmitt. Und weil sich Gratcl  damit verantwortet, er habe M. doch nur einen Denkzettel verpassen wollen, hält der Ankläger den Geschworenen einen Zettel vors Gesicht. Darauf hat er den Namen des Opfers geschrieben und sagt: "Was sollte auf dem Denkzettel stehen? Totenschein Ludwig M."

Gratcl (Verteidiger Nikolaus Rast) sagt, er habe Angst vor M. gehabt: "Der war net einmal noch heraußen und hat schon gedroht." Er habe ihn erschrecken und ihm klarmachen wollen: "Mich lasst in Ruh’, du Mörder!"

Als M. zufällig (!) seinen Weg gekreuzt habe, habe er zwischen Windschutzscheibe und Gesicht  durchschießen wollen, aber M. habe sich bewegt.

Urteil:  zwei Jahre Haft wegen Körperverletzung, rechtskräftig.