Chronik/Wien

Kindergarten-Chef soll Millionen ergaunert haben

Der gebürtige Ägypter lebt zwar seit 1977 in Wien, studierte hier Jus und stieg groß ins Geschäft mit der geförderten Kinderbetreuung ein – als ihn Richter Christoph Zonsics-Kral vor dem Schöffensenat fürs Protokoll nach seinem Namen fragt, benötigt der Hauptangeklagte aber einen Arabisch-Dolmetscher. „Wenn ich nervös bin, kann ich mich nicht gut ausdrücken“, sagt der 60-jährige Jurist. Seit Montag muss sich der ehemalige Kindergartenbetreiber am Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen des Vorwurfs des Förderungsmissbrauchs, schweren gewerbsmäßigen Betrugs, der Untreue und der betrügerischen Krida verantworten.

Laut Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft soll er sich von den Wiener Kindergärten (MA10) mehr als 8,3 Millionen Euro Subventionen erschlichen haben. Zwischen 2009 und 2017 sollen die Förderungen widmungswidrig verwendet worden sein. Der 60-Jährige und seine mitangeklagte Lebensgefährtin sollen rund 2,45 Millionen Euro für private Zwecke veruntreut haben.

Sein Anwalt, Michael Dohr, weist dies vehement zurück und fordert einen Freispruch. Die 8,3 Millionen Euro seien primär für Personal- und Mietkosten in den Kindergärten verwendet worden, von einer Bereicherung könne keine Rede sein. Im Gegenteil: Sein Mandant sei „ein Vorzeigemann punkto Integration“, in dessen Einrichtungen 400 Kinder aus 37 Nationen auf Deutsch betreut worden seien. Zudem habe die MA10 den Betreiber regelmäßig kontrolliert und 2014 eine unbefristete Förderung angeboten.

Subvention gestoppt

Die WKStA sieht dies anders: Schon 2009 soll der Betreiber des „Edu & Fun Schul-Bildungszentrum“ Förderungen zweckentfremdet und in eine private Islam-Schule gesteckt haben. Die MA10 stoppte die Subvention 2016, nachdem eine Prüfung des Vereins grobe Unregelmäßigkeiten zutage gefördert hatte. Darauf ging „Edu & Fun“ in Konkurs.

Dann soll der 60-Jährige mit dem Verein „Oase des Kindes“, bei dem  er offiziell keine Funktion innehatte, 2016 zehn Standorte des insolventen Kindergartenbetreibers „Alt-Wien“ übernommen haben. Die Stadt subventionierte die „Oase“ bis Anfang 2017 mit 382.000 Euro – stellte die Förderung aber ein, als nach außen drang, dass der nunmehr Angeklagte als Finanzier fungiert hatte. 

Im Fall eines Schuldspruchs drohen bis zu zehn Jahre Haft. Da die Anklageschrift 200 Seiten umfasst und mehr als 30 Zeugen gehört werden müssen, dürfte der Prozess Wochen, wenn nicht sogar Monate dauern. Am Dienstag geht es mit der Einvernahme des Hauptangeklagten und der sechs Mitangeklagten weiter.