Chronik/Wien

Betrugsanklage gegen ehemaligen Privatkindergartenbetreiber in Wien

Die Vorwürfe wiegen schwer: Am Mittwoch brachte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beim Wiener Landesgericht für Strafsachen Anklage gegen den ehemaligen Betreiber des Privatkindergartens Alt-Wien, Richard W., und fünf Mitangeklagte ein. Im Kern geht es in der Causa um Fördermissbrauch.

Der Hauptangeklagte W. soll den Kindergartenverein der Stadt gegenüber als gemeinnützig ausgegeben und auf diese Weise über sieben Jahre hinweg - von 2009 bis 2016 - Fördergelder in Höhe von 36 Millionen Euro in Anspruch genommen haben. Dies soll er teils mit Scheinrechnungen und manipulierten Buchhaltungsunterlagen und Jahresabrechnungen belegt haben.

➤ Mehr lesen: Verschärfte Kindergarten-Kontrollen in Wien: Fünf Schließungen

Mindestens 16 Millionen davon soll W. förder- und zweckwidrig aus dem Verein entnommen und für private Zwecke verwendet haben. So soll er "für jedenfalls 3,5 Millionen Euro" Immobilien für seine Kinder gekauft und renoviert haben.

Reitschule, Opernbesuche und Kreuzfahrten finanziert

Weiters soll er die Mittel des gemeinnützigen Vereins für die Finanzierung seines Lebensunterhaltes und seiner gesamten Familie, für seine Reitschule und ein Einzelunternehmen verwendet haben. Laut der Anklage habe W. "unzählige private Ausgaben" in den Verein gepackt, von Verkehrsstrafen über Rechnungen für private Küchen und Urlaube auf Kreuzfahrtschiffen bis hin zu Pelzmänteln und Opernbesuchen.

Fazit der WKStA: "Die jährlichen Privatentnahmen überstiegen jene eines dem Geschäftsführer eines Kindergartens zustehenden jährlichen Gehalts um ein Vielfaches."

Weiteren vier Angeklagten wird Geldwäscherei vorgeworfen, da sie unter anderem die aus dem Verein entnommenen finanziellen Mittel für Liegenschaften und Renovierungen verwendet haben sollen. Einer angeklagten ehemaligen Mitarbeiterin wird Beihilfe zur Untreue vorgeworfen. Sie habe Scheinrechnungen in der Höhe von rund 174.000 Euro ausgestellt.

Nachdem die zweckwidrigen Entnahmen im Jahr 2016 aufgefallen waren, stellte die Stadt Wien die Förderungen ein, der Verein rutschte in die Zahlungsunfähigkeit und die 33 Kindergarten-Standorte wurden geschlossen. Aufgrund der dadurch entstandenen Schädigung der Gläubiger muss sich W. auch wegen betrügerischer Krida vor Gericht verantworten.

Die WKStA leitete bereits Ende August 2016 ihre Ermittlungen ein, führte mehrere Hausdurchsuchungen durch und stellte die Buchhaltung sowie umfangreiche Unterlagen sicher. Das gesamte Material wurde in einem 700-Seiten-Bericht aufgearbeitet.

Nun wurde die Anklage nach erfolgter Prüfung des Vorhabensberichts durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und das Justizministerium eingebracht.

Der Strafrahmen für den Hauptangeklagten beträgt bis zu zehn Jahre Haft, für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. W. hatte die Vorwürfe damals immer bestritten.