Kindergärten im Visier der Behörde
Von Bernhard Ichner
150 islamische Kindergärten gäbe es in Wien und zum Teil werde dort eine Parallelgesellschaft herangezüchtet, behauptete Ednan Aslan in seiner Vor-Studie (siehe unten). Damit trat der Religionspädadoge eine massive öffentliche Debatte über die Qualität der Kinderbetreuung in der Stadt los. Dem KURIER gestattete das Amt für Jugend und Familie (MAG ELF) nun als einzigem Medium, eine Inspektorin bei einer Kontrolle zu begleiten. Ziel war ein "islamischer" Kindergärten in Floridsdorf.
Arabische Schriftzeichen oder religiöse Symbole sucht man dort vergeblich. Der multikulturelle Kindergarten des Vereins Sindbad mitten in der Großfeldsiedlung sieht aus wie jeder andere. Helle bunte Räume, Spielzeug und Malbücher in den Regalen, Fotos von den Kindern an den Wänden.
Ob es sich um einen muslimischen, christlichen oder multikulturellen Kindergarten handelt, ist für Doris Lefebure aber nebensächlich. Alle werden nach derselben Richtlinie kontrolliert – dem Wiener Bildungsplan, der die pädagogischen Rahmenbedingungen bzw. Vorgaben für die Kinderbetreuung regelt. Auf die Wahrung österreichischer Traditionen wird darin ebenso Wert gelegt, wie auf das Prinzip der Vielfalt. Eine kindgerechte Vermittlung religiöser Inhalte ist okay. Unterricht oder Zwangsbeschallung sind aber verboten.
Im Sindbad-Kindergarten stellt Lefebure nichts davon fest. Gegründet wurde er von den muslimischen Wienern Zahra und Eslan Jaffar, die ihren pädagogischen Schwerpunkt auf kulturelle und religiöse Vielfalt legen. Das bedeutet, die 75 Kinder (etwa 35 Prozent davon sind Muslime) feiern sämtliche Feste miteinander – von Ostern bis Ramadan. Sofern es die Eltern erlauben. Gesprochen werde ausschließlich Deutsch.
2031 Inspektionen
Für die Kontrolle nimmt sich Lefebure etwa zwei Stunden Zeit. Sie durchforstet sämtliche Unterlagen, überprüft die Ausbildungsnachweise des Personals, Dienstpläne sowie die pädagogische Schwerpunktsetzung. Die Befunde der elektrischen Anlagen nimmt sie ebenso unter die Lupe wie die Tauglichkeit der Brandmeldeanlage und der Fluchtwege.
In den einzelnen Kindergruppen kontrolliert die Inspektorin, ob ausreichend kindgerechtes Beschäftigungsmaterial vorhanden ist und ob vom Mobiliar Sicherheitsrisiken ausgehen könnte. Dass Fotos von den Aktivitäten der Kinder an den Wänden hängen, findet sie gut. "Das ist wichtig für die Eltern, weil es für Transparenz sorgt." In den Sanitärräumen und in der Küche legt sie größten Wert auf Hygiene.
Das Prozedere wiederholt Lefebure 220- bis 250-mal im Jahr. Bei manchen Kindergärten muss sie mehrmals vorbeischauen, um die Behebung etwaiger Mängel zu überprüfen. Insgesamt führten die elf Inspektoren der Stadt voriges Jahr 2031 Kontrollen in den 777 privaten und 400 städtischen Kindergärten durch, weitere 651 in Kindergruppen und 331 bei Tageseltern.
Im konkreten Fall stören Lefebure nur ein zu hoch hängender Feuerlöscher, dass es im Rollenspielbereich zu wenig Beschäftigungsmaterial für Burschen gibt, und dass die Duftspender auf den WCs synthetische Gerüche verbreiten. Für die Behebung der Mängel gibt sie den Betreibern zwei Wochen Zeit. Wäre Gefahr im Verzug, sei die Frist entsprechend kürzer.
Die aktuelle Debatte lässt Lefebure natürlich nicht kalt, eine Gefährdung der Kinder sieht sie nicht: "Bei keiner einzigen Kontrolle hätte ich auch nur ansatzweise die Befürchtung gehabt, die Kinder könnten in eine bestimmte Richtung gedrängt oder gar in eine Parallelgesellschaft gezwungen werden."
Neue Standards in Wien
Im Auftrag des Integrationsministeriums veröffentlichte Religionspädagoge Ednan Aslan Anfang Dezember eine „Vor-Studie“, in der von etwa 150 islamischen Kindergärten die Rede ist. Es bestehe die Gefahr, dass dort zum Teil eine Parallelgesellschaft herangezüchtet werde. Für Ende Jänner wurde Aslans „Endbericht“ angekündigt. Bis Freitagnachmittag wurde aber keiner veröffentlicht. Entsprechende KURIER-Anfragen ignorierte man im Ministerium.
Im Februar soll bereits die große flächendeckende Studie beginnen, auf die sich die Stadt Wien (die Ressorts der Stadträtinnen Sonja Wehsely und Sandra Frauenberger) und das Integrationsministerium verständigt haben. Wie berichtet, entsandten sowohl Stadt als auch Bund je drei Forscher. Aslan gehört zum Team von VP-Minister Sebastian Kurz. Auf die konkreten Forschungsfragen konnte man sich allerdings noch nicht einigen.
Im Wiener Landtag wurden am Freitag indes strengere Standards für die Kinderbetreuung beschlossen. Konkret wird der bisher nur für Kindergärten verpflichtende Bildungsplan auch für die mehr als 600 privat geführten Kindergruppen gesetzlich verankert. Auch die Ausbildung wird strenger. Künftig brauchen Gruppenbetreuer 400 Stunden Ausbildung, statt der bisher vorgeschriebenen 90 Stunden.