Justizdaten-Affäre: "Da is nix dabei"
Von Ricardo Peyerl
Ein einziges Opfer der Justizdatenaffäre sitzt ganz allein im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts. Gegen den Tiroler waren nach seiner Scheidung Exekutionen geführt worden. Jahre später bekam er wegen mangelnder Bonität keinen Handyvertrag. Und als er in Australien auf Urlaub war, wurde ihm dort die Kreditkarte gesperrt.
Anwälte merken kritisch an, dass keiner der übrigen geschätzten 200.000 in ihrem Recht auf Datenschutz geschädigten Personen gefragt wurde, wie hoch denn ihr Schaden sei. Vom Prozess über die größte Datenaffäre im Innersten der Justiz konnten sie mit viel detektivischem Gespür nur über eine Verlautbarung in der Ediktsdatei des Justizministeriums im Internet erfahren.
„Die Leute wurden bei Geschäftsabschlüssen behindert. Man hat ihre wirtschaftliche Integrität verletzt.“
Hans Zeger, Datenschützer
Wer sind nun die Mitarbeiter von Bezirksgerichten in ganz Österreich, die Namen, Adressen, Geburtsdaten von Personen abgefragt und gegen Bares geliefert haben, gegen die irgendwann einmal ein Exekutionsantrag eingebracht worden war?
Nichts dabei
Einer, der „viele Jahre äußerst pflichtbewusst Dienst versehen hat“, sagt der Anwalt eines 56-Jährigen. Eine „zweifache Großmutter, die für besondere Leistungen ausgezeichnet wurde“, sagt Verteidiger Harald Ofner. Ausgerechnet der ehemalige Justizminister meint, bei einer undichten Stelle in der Justiz sei heutzutage längst nicht mehr „die Hölle los“, es sei doch ohnehin nichts mehr geheim. Es habe damals geheißen: „Das machen andere auch, und gar nicht so wenige, da ist nix dabei.“
Ein dritter Verteidiger sagt, die Justiz-Mitarbeiter hätten gar nicht die Schulbildung gehabt, um zu erkennen, dass die Datenweitergabe (oft in der Mittagspause) ein Befugnismissbrauch sein könnte. Sie hätten das so offen gepflogen, dass manche für das Schmiergeld sogar Steuer zahlten. Einige Angeklagte sind seit Auffliegen der Datenaffäre suspendiert, einige arbeiten aber nach wie vor im Bezirksgericht weiter. So sehen (neben Beschränkungen und mehr Kontrollen der Abfragen) die vom Justizministerium verkündeten Maßnahmen zur Aufarbeitung aus.
Die Urteile sind für Ende Oktober geplant.