Chronik/Wien

Im Grätzel: Eine Gasse mit etwas "Gedöhns"

"Da Schatzi, nimm Platz", sagt Wencke zu Bruni, einer Stammkundin. "Du arbeitetest eh viel zu viel."

Die 38-Jährige Deutsche Wencke Pond (das ist ein Künstlername, eigentlich heißt Wencke im Familiennamen Teich) führt seit drei Jahren gemeinsam mit ihrem Mann Albert Scoma (das ist ein richtiger Nachname) das Gedöhns in der Löwengasse im dritten Bezirk.

Das Gedöhns ist ein winziges Lokal mit vier Tischen auf 13,98 . Die Einrichtung hat Albert selbst gebaut, an den Wänden hängt Kunst von Wencke, zum Essen gibt es jeden Tag etwas anderes. Immer frisch, immer das, was gerade Saison hat und aus der Region kommt. In den drei Jahren, seit es das Gedöhns gibt, hat es sich zum Grätzel-treffpunkt entwickelt. Wencke nennt es "ein großes schwarzes Brett". Menschen aus der Umgebung kommen täglich – manche nur zum Tratschen. Sie wissen, wo das Bier steht, hängen frische Kräuter zum Kochen an die Tür und kaufen – wenn es sonst niemand tut – auch Futter für Frau Drops, den Hund des Hauses. "Ich bin die Hausmeisterin hier", sagt Wencke Pond. "Ich bin das Grätzel."

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Dem doch eher konservativen Eck rund um die Löwengasse hat die Eröffnung des Gedöhns gut getan. Die Löwengasse kannte man davor nur durch das Hundertwasserhaus und vielleicht durch Franz Virts Comicladen.

Neues gab es lange nicht: "Manche haben schon die Nase gerümpft, als wir hier aufgesperrt haben", sagt Albert. Einmal habe sogar jemand gefragt, ob das hier eine Sekte ist. "Aber jetzt fangen die Leute langsam an, sich etwas zu trauen", sagt Wencke. Auch wenn das immer schwieriger werde, weil die Mieten stark angestiegen sind.

Pilates & Papier

Seit Kurzem gibt es ein Pilates-Studio und vor knapp einem Monat hat Teresa Scheicher ihr Papierfachgeschäft Paperbird eröffnet. Es ist ein kleiner Design-Laden, in dem man hübsche Notizbücher genauso kaufen kann wie Girlanden aus Origami-Kranichen und Geschenkspapier.

Scheicher hat sich bewusst für das Geschäftslokal im dritten Bezirk entschieden. "Ich wollte nicht in den 6. oder 7. Bezirk. Dort ist eh schon jeder", sagt die 27-Jährige. Auch der Radetzkyplatz habe sich gut entwickelt. "Ich hab auch schon ein paar Leute hier kennengelernt und das Feedback ist sehr positiv", sagt sie.

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Seit September 2015 gibt es gleich neben dem Gedöhns auch ein sogenanntes Repaircafé. "Sinn des Cafés ist nicht, dass die Leute uns ihr kaputtes Zeug bringen, sondern dass sie die Hemmung verlieren und es selbst reparieren", sagt Peter Erlebach, der das Café gegründet hat. Die Menschen kommen mit Radios oder Mixern, aber auch mit Kuriositäten wie einem Unterwassermetalldetektor. Repariert wird alles mithilfe von Freiwilligen (die noch gesucht werden). Nur um Nachhaltigkeit ging es Erlebach aber nicht: "Ich wollte Nachbarn kennenlernen und mit ihnen in Kontakt treten". Das scheint funktioniert zu haben.

Das Geschäftslokal übernahm Erlebach übrigens von Wencke und Albert, der es davor renoviert hat. Beide betrieben davor darin einen sozialen Gemeinschaftsraum. Noch heute gibt es von Wencke jeden Tag eine Jause.

Wer & wo?

Gedöhns
3., Löwengasse 42

Repaircafé
3., Löwengasse 42

Paperbird
Papeterie. 3., Löwengasse 17

Comics Virt
Fachgeschäft. 3., Löwengasse 19