Chronik/Wien

Identität gestohlen: Unbescholtener ist nun vorbestraft

Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr: Ein 29-jähriger Mann dürfte die Identität seines Bekannten gestohlen haben – und unter dessen Namen auch ins Gefängnis gegangen sein.

Saubere Vergangenheit

Nicht uneigennützig, denn: Der Mann, nennen wir ihn Simon, war bereits vorbestraft. Doch vor Gericht war die kriminelle Vergangenheit Simons durch seine falsche Identität kein Thema mehr. Deshalb wurde er wegen Drogenhandels in Wien auch nur zu zwölf Monaten Haft, vier davon unbedingt, verurteilt. Doch sein tatsächlich unbescholtener Freund – nennen wir ihn George – hat nun ein Problem: er ist laut Strafregisterauskunft damit vorbestraft.

Die beiden Freunde haben nicht allzu viel gemeinsam. Der eine ist 31, der andere 29 Jahre alt. George arbeitet bei einer Fastfood-Kette, Simon gar nicht. Ihre Gemeinsamkeit: Beide sind schwarz und stammen aus Nigeria. "Sie schauen sich nicht wirklich ähnlich", sagt Rechtsanwalt Timo Gerersdorfer, der den 31-jährigen George vertritt, der nun zum Handkuss kommt.

Schuld daran soll der Freund sein. Die beiden Männer lebten zuletzt gemeinsam in einer Wohnung. Doch der vorbestrafte Simon wurde wegen seiner Drogenhandel-Vergangenheit von der Polizei abgehört. Als klar war, dass eine große Menge Kokain in der Wohnung versteckt war, schlugen die Ermittler zu. Tatsächlich fanden sie mehrere Kilo Drogen. Für die sitzt Simon auch wieder in Haft. Doch es wurden auch separat zwei Kugeln Kokain gefunden. "Und die werden meinem Mandanten George zugerechnet", so Gerersdorfer. Ein entsprechendes Verfahren läuft.

Im Zuge des Verfahrens erfuhr George auch davon, dass er ja eigentlich schon eine einschlägige Vorstrafe hat. "Er hat sofort entschieden bestritten, jemals etwas mit Drogen zu tun gehabt zu haben und vorbestraft zu sein."

Eine Überprüfung ergab allerdings, dass jemand mit seinem Namen bereits eine viermonatige Haftstrafe in der Justizanstalt Josefstadt abgesessen hat. Auf den zweiten Blick allerdings war klar: Es war nicht der unbescholtene Fastfood-Verkäufer, sondern sein Mitbewohner, der sich den Namen "ausgeborgt" hatte. Aufgefallen war die Ungereimtheit zwar, wurde im Akt aber einfach als "Alias-Name" vermerkt.

"Freund" unterstützt

"Mein Mandant sagt, er hat einmal seine Ausweise verloren", erklärt Gerersdorfer. In Wirklichkeit dürfte der Freund die Dokumente an sich genommen haben.

Besonders bitter: Der Unbescholtene versuchte für seinen Freund sogar noch einen Anwalt zu organisieren, unterstützte ihn finanziell.

Nun pocht Gerersdorfer auf eine Wiederholung des Strafverfahrens gegen den verurteilten Dealer – um damit den Strafregisterauszug seines Mandanten wieder weiß zu waschen.