Chronik/Wien

Heurige auf dem Prüfstand

Der Wiener Heurige hat ein Image-Problem. Einerseits erlebt der Wein aus der Bundeshauptstadt gerade einen Höhenflug, andererseits darf sich jeder Gastro-Betrieb "Heuriger" nennen – egal, ob der Wein aus eigener Produktion oder die Herkunft der Speisen überprüfbar ist. Dem wollen der Verein "Der Wiener Heurigen" und die Landwirtschaftskammer (LK) nun einen Riegel vorschieben. Um die Qualität nachhaltig sicherzustellen, sollen nach nö. Vorbild in Wien "Top-Heurige" auserkoren werden.

Manch Wiener Buschenschank genießt den zweifelhaften Ruf, bloß Heckenklescher an Touristen auszuschenken. Von diesem Bild will die Branchenvertretung weg. "Zu zwei Drittel müssen prämierte Qualitätsweine aus eigener Erzeugung auf der Weinkarte stehen", definiert Elmar Feigl von der Wiener LK eine der Grundvoraussetzungen für das Gütesiegel "Top-Heuriger". Eine weitere sind "regionaltypische Speisen" – sprich: "keine Meeresfrüchte".

Mystery-Gäste

Noch im Sommer beginnen die LK-Tester mit der Überprüfung jener Betriebe, die sich um das Gütesiegel "Top-Heuriger" bewerben. Wer das Zertifikat einmal verdient hat, darf sich deshalb aber nicht für immer das entsprechende Schild vor die Tür hängen. Mystery-Gäste kontrollieren die betreffenden Heurigen jährlich.

Um als "Top-Heuriger" anerkannt zu werden, müssen die Betriebe zahlreiche Qualitätskriterien erfüllen. Dazu gehört die Kundeninformation punkto Anfahrt ebenso wie die Außen- und Innengestaltung, die Tischkultur, die Erkennbarkeit des Gastgebers oder das Know-how des Personals. Besonderes Augenmerk legt die Kammer aber auf das kulinarische und das Wein-Angebot. "Beim Speisenangebot liegt der Fokus auf regionalen Produkten und traditionellen Speisen", erklärt Feigl. "Eine überprüfbare Herkunft ist uns wichtig." Und beim Wein will man die Wiener Spitzengewächse in die Auslage stellen. "Alle Qualitätsweine müssen Achtel-weise zu probieren sein. Und alle Betriebe müssen Prämierungen vorzuweisen haben – sei es bei der Landesweinkost, im Salon oder bei der AWC (Austrian Wine Challenge)."

Die Betriebsgröße entscheidet jedenfalls nicht über die Qualität. Kleine und mittlere Betriebe haben dieselben Chancen, wie große prominente.

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Ein Heuriger, für den das Zertifikat kein Problem darstellen dürfte, ist "Mayer am Nussberg", der von Feinkost-Spezialist Claus Filipitsch, seiner Frau Brigitta und Tochter Delia geführt wird. Zwischen Mai und Oktober sitzen ihre Gäste freitags bis sonntags und an Feiertagen mitten in den Rieden und genießen den Blick über die Stadt.

Auf den Tisch kommen ausschließlich Top-Weine von Mayer am Pfarrplatz und auf den Teller Erzeugnisse kleiner landwirtschaftlicher Betriebe: Schafkäse vom Zillertaler Bergbauernhof zum Beispiel; Bergkäse, der elf Monate in einer steirischen Silbermine reifte, Salami von südsteirischen Freiland-Schweinen oder handgedrehte Schaumrollen. Und das Ganze zu moderaten Preisen – ein Achtel Hauswein kostet 1,80 €, das "teuerste" ist die Brettljause um 9,90 €.

Die Idee vom Top-Heurigen findet Filipitsch vernünftig: "Das Bewusstsein der Konsumenten hat sich verändert. Die Wiener lieben ihren Heurigen, aber sie wollen gute Qualität. Dafür sind sie auch gern bereit, einiges auszugeben."