Häupl plant mit Bilanz-Coup Milliarden-Investition für Wien
KURIER: Die Wiener SPÖ zieht sich ab Donnerstag ins burgenländische Rust zur Klubklausur zurück. Was steht im Fokus?
Michael Häupl: Die Stadt wächst, das erfordert eine Menge an Investitionen. In den kommenden zehn Jahren in einer Größenordnung von zehn bis 14 Milliarden Euro für Schulen, Wohnen und die Infrastruktur. Das muss finanziert werden.
Wie soll das gehen; immerhin gibt es einen Stabilitätspakt?
Aus dieser Krise muss man sich heraus-investieren. Für einen der Vorschläge, den ich in Rust unterbreiten werde, brauchen wir keine EU und keinen Stabilitätspakt. Wir werden in naher Zukunft eine neue Form des Budgets und Rechnungsabschlusses präsentieren, die einer normalen Bilanz ähnelt.
Eine neue Darstellung der Finanzen? Was soll das bringen?
Das heißt, es gibt eine AfA, wie bei Betrieben. (d. h. eine Absetzung für Abnutzungen bei Anlagevermögen, Anmerkung d. Red.) Wenn man diese nicht in die Schulden einrechnet, wäre das eine wesentliche Erleichterung.
Wie viel Geld erhoffen Sie durch diese Maßnahme?
Pro Jahr mit Sicherheit eine Milliarde zusätzlich an Investitionen in Wien.
Dafür braucht es aber einen Beschluss des Bundes.
Das ist korrekt. Ich mache aber den politischen Vorschlag.
Wien braucht ein neues Wahlrecht. Droht jetzt eine Allianz aller Parteien gegen die SPÖ?
Wenn ich mir die Entwicklung in Wiener Neustadt ansehe, dann ist in der Politik alles möglich geworden. Die Grünen waren früher der Auffassung, dass man einen großen Bogen um die FPÖ machen soll. Jetzt sind sie von der Position zumindest in Wiener Neustadt abgewichen.
Heinz-Christian Strache will Bürgermeister werden. Sehen Sie die Gefahr von Wr. Neustädter Verhältnissen auch in Wien?
Grundsätzlich halte ich es für möglich, dass es zu solchen Varianten kommt, nur um einen Sozialdemokraten loszuwerden. Aber bei Strache habe ich da weniger Sorge. Er will heuer Bürgermeister werden, 2018 Bundeskanzler und 2022 Papst. Er wird alle drei Funktionen nicht erreichen.
Wird der Wahlkampf dennoch ein Duell Häupl gegen Strache, oder doch alle gegen Häupl?
Natürlich gehe ich davon aus, dass die ÖVP und die Grünen nicht tatenlos zuschauen werden. Es wird am Ende auf ein "Alle gegen die SPÖ, alle gegen Häupl" hinauslaufen. Ich bin bereit.
Wie will die SPÖ dagegenhalten?
Einerseits mit dem, was wir schon geleistet haben, aber auch mit den entsprechenden Zukunftsfragen. Für mich hat der Wahlkampf aber noch nicht begonnen, wir haben noch zu arbeiten. Der Wahlkampf beginnt Anfang September. Wer meint, diesen vorzeitig vom Zaun zu brechen, wird sich irren. Denn acht Monate Wahlkampf sind wirklich nicht zumutbar.
Dafür hat Ihr Landesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler mehr Zeit, um die große Organisation SPÖ zu mobilisieren. Er hat ja immer betont, dass er gerne mehr Zeit hätte.
Wenn er das so sieht, ist mir das auch recht. In meinen Überlegungen hat das keine große Rolle gespielt.
Dennoch gibt es die erste Nagelprobe mit der Wahlrechtsreform im Landtag. Was passiert, wenn die Grünen mit FPÖ und ÖVP gegen die SPÖ eine Reform beschließen. Ist die Koalition damit Geschichte?
Das nicht. Dass mir das nicht gefällt, ist aber ohne Zweifel. Wir haben aber seinerzeit die Koalition mit der ÖVP nicht aufgelöst, als sie gemeinsam mit den Grünen und der FPÖ für die Straßenbahnfahrt am 1. Mai gestimmt haben. Was emotionell für die SPÖ keine einfache Sache war. Also, wir haben das mit unserem aktuellen Koalitionspartner auch besprochen. Ich denke, wir werden die gemeinsame Arbeit bis zum Ende ordentlich fortführen.
Also Grün stimmt mit Schwarz und FPÖ gegen die SPÖ und diese nimmt das nur zu Kenntnis. Ist das der berühmte Freischuss?
Das nicht, aber das Wahlrecht muss ja dann sowieso dem Ausschuss zugewiesen werden. Dort hat die SPÖ die Mehrheit und wird so abstimmen, wie sie auch im Plenum stimmen wird. Dagegen.
Zurück zur FPÖ. In Stockerau wird es eine rot-blaue Koalition geben. Ist Ihr Nein zur Strache-FPÖ in Stein gemeißelt?
Ja, weil es in kaum einen Bereich inhaltliche Übereinstimmung gibt. Und da ich grundsätzlich gegen Zwangsehen bin, bin ich auch gegen Zwangsehen in der Politik.