Chronik/Wien

Gutachterstreit nach Sturz in Wiener Luxushotel

Es sollte ein Wellness-Abend nach arbeitsreichen Wochen werden – aber statt Erholung brachte er Ärger. KURIER-Leserin Katharina T. (Name von der Redaktion geändert) äußert Kritik am Wiener Luxushotel Ritz-Carlton: Sie behauptet, sich Ende Dezember 2015 im Spa-Bereich verletzt und aufgrund des langen Krankenstandes gar den Job verloren zu haben. Vonseiten des Hotels heißt es, man dürfe sich aus versicherungstechnischen Gründen derzeit nicht äußern.

Zum Interview erscheint Katharina T. mit einem Stapel Unterlagen, mit denen sie das von ihr Geschilderte belegen möchte. Sie hinkt nach wie vor; am verletzten Fuß trägt sie einen Turnschuh, am anderen einen eleganten Damenschuh.

"Wollte ausspannen"

"Ich wollte einen Abend ausspannen", erzählt sie. Der Zustand des Spas habe sie jedoch enttäuscht, erzählt sie: "Ein Duschkopf war kaputt, Mistkübel waren überfüllt. Wegen einer ungereinigten Abflussrinne bei den Damenduschen war der Boden mit Wasser geflutet und rutschig."

Sie habe die Mängel einer Mitarbeiterin gemeldet, die von T. kritisierten Missstände sollen aber nicht behoben worden sein: "Später rutschte ich auf dem wassergefluteten Fliesenboden aus. Ich verletzte mich am linken Fuß, er schmerzte stark."

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Der Zustand des Wellnessbereichs an einem bestimmten Tag lässt sich Monate später freilich weder rekonstruieren noch beweisen. Mehrere medizinische Befunde belegen, dass T. sich verletzt hat – auch wenn die Meinungen über die Art der Verletzung auseinandergehen: T.’s Fachärzte attestierten einen Bruch – der von der Versicherung des Hotels beauftragte Experte stellt dies aber infrage.

T. schildert die Abläufe folgendermaßen: Am Tag nach dem Sturz sei sie im Krankenhaus gewesen. "Auf der Röntgenaufnahme war nicht eindeutig erkennbar, ob es sich um einen Bruch handelt." Wegen starker Schmerzen ließ sie eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchführen. Aufgrund dieser Ergebnisse bestätigten ihre behandelnden Ärzte, es handle sich um einen "Haarriss am inneren Keilbein": "Der Knochen in der Mitte des Fußes war zertrümmert", sagt T. Einer ihrer Ärzte betont gegenüber dem KURIER, er dürfe keine Auskunft über Patienten geben, fügt aber hinzu: "Sie haben ja Unterlagen von ihr bekommen. Schauen Sie die genau an."

Zweifel

Anders beurteilte das jener Arzt, der T. im Auftrag der Versicherung untersuchte: In seinem Gutachten heißt es, dass "der Haarriss im inneren Keilbein – so er überhaupt bestanden hat – folgenlos verheilt" sei. "Dabei habe ich ihm Bilder der MRT auf einer CD-Rom mitgebracht. Da hätte er den Bruch erkennen können. Ich weiß aber nicht, ob er die Bilder angeschaut hat", behauptet T. Auf KURIER-Anfrage erklärt der Arzt, er dürfe den Fall nicht kommentieren.

Die Schwere der Verletzung beeinflusst freilich die Höhe des Schmerzensgeldes: In einem Schreiben der Versicherung vom 26. April hieß es, man biete ihr 1907 Euro: "Sie gehen von einer Zerrung aus. Außerdem sagen sie, dass ich zum Teil selbst schuld bin, weil ich nicht vorsichtig genug war", erläutert T. Ihr Anwalt geht davon aus, dass bei Fällen wie diesen eine Summe ab 14.000 Euro aufwärts zu zahlen wäre.

T. betont: "Ich wünsche mir einen Konsens und eine angemessene Entschädigung. Ich erwarte mir eine menschliche, wertschätzende und professionelle Reaktion des Managements." Sie fühle sich im Stich gelassen: "Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder gehen kann, ohne zu hinken. Können Sie sich vorstellen, was das für mich heißt?"

Stefan Ludwig, Verkaufs- und Marketingdirektor im Ritz-Carlton, betont mehrmals, dass er es sehr bedauere, wenn Kunden unzufrieden seien. Detaillierter dürfe er sich derzeit nicht äußern, er könne nur bestätigen: "Der Fall ist uns bekannt." Es handle sich aber um einen komplexen Fall, der dem Datenschutz unterliege: "Es ist eine versicherungstechnische Frage. Daher dürfen wir derzeit leider öffentlich nichts dazu sagen."