Chronik/Wien

Grüne Hochburg noch ausgebaut

Kurz nach 17 Uhr und kurz vor der ersten Hochrechnung im Parteilokal der Grünen in Wien-Neubau: Betretene Stille. Und dann: Jubelschreie. Umarmungen. Applaus. Der ehemalige Grünen-Chef, Alexander Van der Bellen, erreicht laut erster Hochrechnung 53,6 Prozent der Stimmen. „Ich bin erleichtert. Ich habe es gehofft, aber nicht geglaubt“, sagt Isabelle Uhl, stellvertretende Bezirksvorsteherin von Wien-Neubau. Nicht einmal sie hat es zu hoffen gewagt. Aus Selbstschutz, wie sie sagt.

Und das, obwohl Neubau – Wiens Bobobezirk, in dem auch Männer Kinderwägen schieben – VdB-Kerngebiet ist: Van der Bellen erreichte dort bei der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Stichwahl am 22. Mai 80,99 Prozent der Wählerstimmen: Norbert Hofer kam nur auf 19,01 Prozent, sein schlechtestes Bezirksergebnis in Wien. Bei der gestrigen Wahlwiederholung konnte Van der Bellen sein Ergebnis aus der Stichwahl sogar noch um 1,01 Prozentpunkte auf 81,02 Prozent verbessern. Hofer erreichte im zweiten Wahlgang nur noch 18,98 Prozent der Stimmen.

Alle Inhalte anzeigen
Die Stimmung der Bezirkvorsteherin spiegelte sich am Nachmittag auch vor dem Wahllokal in der Hermanngasse wider. „Ich hoffe es sehr, aber ich hab’ kein gutes Gefühl“, sagt Katharina. Sie habe „natürlich“ Van der Bellen gewählt. „Der Hofer ist keine Option.“ Gemeinsam mit ihren Freundinnen Elisa (24) und Sabrina (23) hat sie am gestrigen Wahlsonntag sogar den Ausflug ins Wahllokal gewagt. Weil sie ohnehin in Wien waren, hätten sie vorsichtshalber auf das Senden einer Wahlkarte verzichtet. Ob die drei mit Foto in der Zeitung vorkommen wollen, müssen sie kurz beraten. Weil daheim, im Tiroler Dorf, wählen so viele blau. Und da könnte es leicht passieren, dass sich die „studierten Städter“ beim nächsten Heimatbesuch wieder etwas anhören können.

Auch Stefan, der mit dem Kinderwagen im Wahllokal vorfährt, wählte den Ex-Chef der Grünen. „Wegen seiner Europa-Linie und weil er nicht polarisiert.“
Nur der 72-jährige Gert gab Norbert Hofer seine Stimme. „Wegen der Freunderlwirtschaft“, sagt er. „Und weil uns die Grünen Parkplätze wegnehmen“.