Chronik/Wien

Graz ist jetzt ein Vorbild für Wien

Adi Tiller will nun doch kein Parkpickerl. Der Bezirksvorsteher (ÖVP) des 19. Bezirks hat sich in Sachen Parkraumbewirtschaftung umentschieden und würde nun gern sogenannte "Grüne Zonen" statt des in Wien üblichen Parkpickerls in Döbling einführen. "Das wäre nach dem Grazer System ganz problemlos zu machen", sagt Tiller. Aber ist das tatsächlich so?

Das System in Graz ist im vergleich zu Wien jedenfalls simpler: Es gibt keine Parkpickerl-Bezirke in der Stadt, sondern bloß Kurzparkzonen mit insgesamt 26.200 gebührenpflichtigen Stellplätzen für Pkw. Allerdings gelten in Graz zwei unterschiedliche Tarifzonen: Die Bezirke rund um die Innenstadt sind seit den 1990-er Jahren "blaue Zone" mit maximaler Parkzeit von drei Stunden und Tarifen von derzeit 1,80 Euro pro Stunde. 2007 wurden zusätzlich "grüne Zonen" in äußeren Bezirken eingeführt, die aber nicht flächendeckend sind. Mit 1,20 Euro pro Stunde sind sie billiger, die maximale Parkdauer beträgt hier bis zu fünf Tage.

Da wie dort gibt es Ausnahmegenehmigungen oder Parkkarten für Anrainer, Unternehmer oder Dienstnehmer: Sie kosten je nach Zone unterschiedlich viel, eine Anrainer-Parkgenehmigung an einer Gemeindestraße in einer "blauen Zone" etwa kostet 258,30 Euro für zwei Jahre. Die Parkkarte in "grünen Zonen" beläuft sich auf 168 Euro für Anrainer für zwei Jahre, Pendler zahlen dagegen 420 Euro jährlich.

In Wien kostet das Parkpickerl in den Bezirken 1 bis 9, sowie in Teilen des 15. und des 20. Bezirks 120 Euro pro Jahr. Im 12., 14., 16. und 17. Bezirk sowie in Teilen des 15. Bezirk kostet das Pickerl jährlich 90 Euro.

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18,8 Millionen Euro nahm die Stadt Graz 2015 durch die Parkgebühren ein. In Wien waren es 2015 110,6 Millionen Euro. Das sind um 8,5 Millionen mehr als noch 2014. Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung sind zweckgebunden und fließen zurück in den öffentlichen Verkehr.

"Überlappungszonen"

Döblings Bezirksvorsteher würde die Grüne Zonen im Zentrum von Grinzing bis zum Krapfenwaldbad sowie am Kahlenberg und am Cobenzl einführen. "Der grünen Vizebürgermeisterin wird das ja eine Freude bereiten, wenn der schwarze Bezirksvorsteher Grüne Zonen fordert. Das ist ein Schmankerl! Schreiben’s das!", sagt Tiller.

Für ihn sind diese Zonen vor allem für die Außenbezirke Favoriten, Simmering, Liesing, Hietzing, Währing und eben Döbling von Vorteil. "Da könnten wir uns gegenseitig mit Überlappungszonen aushelfen", sagt er. Und: Grüne Zonen könne man – im Gegensatz zum relativ flächendeckenden Parkpickerl – ganz gezielt im Bezirk schaffen.

Auch Silke Kobald, ÖVP-Bezirkschefin von Hietzing, fordert Grüne Zonen. Sie würde diese entlang der U4 und im Zentrum von Hietzing einführen. "Das würde mehr Flexibilität bedeuten und hätte keinen so großen Verdrängungungseffekt", sagt Kobald.

Problem daran: In Wien gibt es für Grüne Zonen keine gesetzliche Grundlage: "Es fehlt die Initiative im Landtag", sagt Bezirksvorsteher Tiller. "Aber der Präsident Kopietz ist ein Macher, dem traue ich zu, dass er das durchbringt." Doch der Präsident winkt ab und lässt Tiller ausrichten: "Der Landtagspräsident macht keine Gesetze. Der Herr Tiller kann aber einen Antrag an den zuständigen Ausschuss im Landtag stellen."

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Auch Harald Frey vom Institut für Verkehrswissenschaften an der Technischen Universität Wien hält wenig davon, neue Ideen zur Parkraumbewirtschaftung umzusetzen: "Parkpickerl und Kurzparkzone sind geeignete Instrumente", sagt Frey. "Für die Zentren von Hietzing und Grinzing, wo eine Mischnutzung von Wohnen und Gewerbe vorherrscht, würden sich eine gebührenpflichtige Kurzparkzonen eignen." So wie das auch schon rund um die U1-Station Leopoldau gehandhabt wird.

Im Büro Vassilakou will man sich auf keine Diskussionen einlassen. "Es gibt in Wien ein funktionierendes Parkraumbewirtschaftungssystem." Wenn Döbling aber das Parkpickerl einführen möchte, stehe man gerne "unterstützend zur Seite".