Chronik/Wien

"Die Atmosphäre ist nicht gerade lustig"

Von außen wirkt es unscheinbar: kein Logo, kein Schriftzug an den Glasfenstern. Nur ab und an betritt ein Klient das Erdgeschoß-Lokal. Vor genau einer Woche wurde die Drogenberatungsstelle in der Nussdorfer Straße 41 (9.Bezirk) eröffnet. Die Polizei meldet seither keine Zwischenfälle. Doch unter Anrainern sorgt die neue Zweigstelle der Suchthilfe Wien nach wie vor für Verärgerung.

"Ich habe mir nicht gedacht, dass man so schnell etwas merkt", sagt Anrainerin Karin Oppeker. Auch wenn es keine größeren Vorkommnisse gab – die Stimmung ändere sich. Auch Rudolf Ricica kann nicht nachvollziehen, weshalb dieser Standort "mitten im Wohngebiet" für die Beratungsstelle gewählt wurde. Ingeborg Burger hat bereits einen "bitterbösen" Brief an Bezirkvorsteherin Martina Malyar geschickt. Und die Initiative "Spritzenfrei" fordert weiterhin: "Die Beratungsstelle muss wieder geschlossen werden.

20 Klienten am Tag

Die Mobilisierung der Anrainer – nicht zuletzt durch singende Protestkundgebungen oder bunte T-Shirts, die als stummer Protest aus vielen Fenstern der umliegenden Wohnungen hängen – geht auch an jenen nicht vorbei, die die Hilfe der Beratungsstelle gerne in Anspruch nehmen würden. Bis dato besuchen lediglich zehn bis 20 Klienten pro Tag die Einrichtung.

Wiens Suchtbeauftragter Michael Dressel dazu: "Die Atmosphäre dort ist derzeit nicht gerade lustig. Kollegen und Putzpersonal werden beschimpft, Suchtkranke von Wohnungen aus fotografiert." Roland Reithofer, Geschäftsführer der Suchthilfe Wien, ist verärgert über diese "Kriminalisierung und kollektive Schuldvermittlung" der Klienten.

Für Verwirrung hat erst Anfang der Woche eine Notiz bei der Drogenberatung am Karlsplatz gesorgt. Dort wurde informiert, dass dieses Zentrum umgezogen sei und Klienten in die Nussdorfer Straße kommen sollen. Der Zettel wurde mittlerweile abgenommen. Die Suchthilfe hat sich für diese Falschmeldung entschuldigt. Die Beratungsstelle am Karlsplatz bleibe weiterhin erhalten.

Dialogforum

In der Bezirksvertretung ist man um Kalmierung und Austausch zwischen den Streitparteien bemüht. So soll noch dieses Jahr das erste Dialogforum stattfinden, bei dem Anrainer wie Vertreter der Suchthilfe an einem Tisch sitzen und diskutieren sollen.