Chronik/Wien

Für den Lobautunnel heißt es weiter: Bitte warten

Das jahrelange juristische Gezerre um den geplanten Lobautunnel ist um ein Kapitel reicher: Da die Landschaftsschutzorganisation „Alliance for Nature“ und die Umweltorganisation VIRUS gegen die naturschutzrechtliche Bewilligung des nördlichen Bauabschnitts von Groß-Enzersdorf nach Süßenbrunn Beschwerde einlegen, muss sich erneut das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit der Causa beschäftigen.

Der KURIER beantwortet wichtige Fragen, die sich im Hinblick auf das 1,9-Milliarden-Euro-Projekt nun stellen.

Das BVwG gab doch 2018 doch schon grünes Licht. Warum wird das Projekt noch nicht gebaut?

Weil Gegner des Lobautunnels die Causa vors Höchstgericht brachten. Eigentlich hatte das Verkehrsministerium die Umweltverträglichkeit des S1-Abschnitts von Schwechat nach Süßenbrunn – und damit die Untertunnelung des Nationalparks Donau-Auen – 2015 bereits bestätigt. Doch da Umweltorganisationen gegen die erstinstanzliche Entscheidung Einspruch erhoben, musste das BVwG das umstrittene Projekt der Asfinag prüfen. Im Mai 2018 gab das Gericht dem Bauwerber dann zwar neuerlich grünes Licht. Doch die Beschwerdeführer brachten Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ein. Der kann die Revision annehmen oder nicht. Sollte er den Projektgegnern recht geben, geht die Causa zurück an das BVwG.

Sollte der VwGH der Asfinag recht geben – ist die S1 damit bewilligt?

Nein. Denn für die einzelnen Bauabschnitte fehlen noch diverse Bewilligungen von Wiener und niederösterreichischer Seite – etwa punkto Wasserrecht. Zuletzt erteilten die Wiener Umweltschutzabteilung (MA22) sowie die BH Gänserndorf zwar die naturschutzrechtliche Bewilligung für den nördlichen Bauabschnitt der S1. Da „Alliance for Nature“ und VIRUS dagegen berufen, wird aber erneut das BVwG aktiv. Mit rechtskräftigen Bewilligungen für Nordteil und Tunnel sei frühestens 2020, eher aber 2021 oder ’22, zu rechnen, meinen Insider.

Wer will den Lobautunnel überhaupt?

Im Prinzip alle Parteien außer die Grünen. Sowohl in Wien als auch in Niederösterreich stehen SPÖ, ÖVP und FPÖ hinter dem Projekt, das einst unter Verkehrsminister Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) auf den Weg gebracht wurde. Von der S1 versprechen sich Fürsprecher eine Verkehrsentlastung der Tangente, des Marchfelds sowie der Wiener Donaustadt. Die Neos fordern zusätzlich zum Tunnel eine Öffi-Offensive.

Welche Argumente führen die Projektgegner ins Treffen?

Sie befürchten negative Auswirkungen auf Nationalpark und Grundwasser im Projektgebiet, stellen die Tunnelsicherheit im Fall von Bränden oder Erdbeben infrage und zweifeln die Verkehrsprognosen der Asfinag an.

Wiens grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein sagt punkto Lobautunnel: „Sicher nicht mit uns“. Können die Grünen den Bau noch verhindern?

Nein. Über die Realisierung entscheidet das Gericht und nicht die Wiener Landespolitik. Wenn überhaupt, dann könnte nur der Nationalrat dem Projekt einen Riegel vorschieben. Aber dazu wird es nicht kommen.

Wann beginnt der Bau des S1-Abschnitts?

Bei der Asfinag geht man angesichts erwarteter Einsprüche vom ersten Halbjahr 2020 aus. Mit der Verkehrsfreigabe des Nordteils rechnet man 2024/2025. Da der Tunnel später zur Bewilligung eingereicht wurde, sind hier Baubeginn und Freigabe schwer abschätzbar.