Chronik/Wien

Fünf Jahre ohne Lift

Fast auf den Tag genau 40 Jahre wohnt Albin Zuccato in dem denkmalgeschützten Haus am Bauernmarkt 1 gleich beim Stephansdom. Grund zum Feiern hat er aber keinen. Seit 2001 ein privater Investor das Gebäude gekauft hat, ist es vorbei mit der Beschaulichkeit. "Gleich nach der Übernahme schossen die Betriebskosten in die Höhe. Allein im allerersten Halbjahr waren sie um 3700 Euro zu hoch, wie das Gericht festgestellt hat", erzählt er.

Damit nicht genug: Vor wenigen Jahren musste er mitten im Winter vier Wochen ohne Warmwasser ausharren, weil ein Gasgebrechen so lange nicht behoben wurde. Und der Lift, der seit 2009 kaputt ist, funktioniert bis heute nicht. Einige Bewohner aus dem obersten Stockwerk mussten deshalb ausziehen.

Das sei auch das Kalkül des Eigentümers, vermutet Zuccato. Dieser unternehme alles, um die Altmieter zu vergraulen, um anschließend die City-Immobilie gewinnbringend sanieren zu können. Tatsächlich sind von den früher 22 Mietern heute nur noch zwei übrig, gegen die aber gerichtliche Kündigungsverfahren laufen.

Mieter zermürben

"Natürlich können wir gegen solche Machenschaften klagen", sagt der Mieter. "Doch der Eigentümer geht sofort in die nächste Instanz." Der Streit um den Lift etwa landete letztlich sogar vor dem OGH. "Auch wenn er uns recht gegeben hat, hat der Eigentümer trotzdem sein Ziel erreicht: Die Sache in die Länge zu ziehen und damit die Mieter zu zermürben."

Der Fall mag nicht so dramatisch sein wie jener der "Pizzeria Anarchia", die am Montag von der Polizei geräumt werden musste (mehr dazu). Für den grünen Gemeinderat Christoph Chorherr ist er dennoch ein weiteres von vielen Beispielen für "spekulationsgetriebene Mieterschikanen" in Wien.

Um Spekulanten einen Riegel vorzuschieben, müsse die Stadt die Möglichkeiten des Mietrechtsgesetzes besser ausnützen. Laut Paragraf 6 könne eine Immobilie sogar vorübergehend in die Zwangsverwaltung der Stadt übergehen, wenn sich der Eigentümer weigert, Sanierungen durchzuführen. Bis jetzt sei dieser Weg noch nie gewählt worden, so Chorherr. Weiters schwebt ihm eine Immo-Ethikkommission vor, die fragwürdige Praktiken auch öffentlich macht.

Und was sagt Mieter Zuccato dazu? "Wichtig wäre eine Reform des Mietrechts, das sehr auf der Seite des Eigentümers steht." Ausziehen will er jedenfalls nicht: "Hier hab ich viele Jahre glücklich mit meiner Frau und unseren Kindern gelebt. Warum soll ich auf Zuruf gehen?"