Chronik/Wien

"Die Stars dieses Balls sind die Flüchtlinge"

Es war 1995, und der Ostbahn Kurti hatte zufällig gerade ein Jahr Auszeit. Die "Chefpartie" hatte ihr Abschiedskonzert gegeben, und die "Kombo" war noch nicht gegründet. Und weil für den Aufbau des Integrationshauses in der Engerthstraße gerade das Geld fehlte, "war ich mir für intensives Fundraising nicht zu schade", erinnert sich Ehrenvorsitzender und Ostbahn-Alter-Ego Willi Resetarits. "Quasi: Trinken für den guten Zweck in üblen Kaschemmen. Es waren aber auch durchdachtere Aktionen dabei." Eine davon war die Erfindung des Flüchtlingsballs. Am 28. Februar findet er zum 20. Mal statt.

"Es sollte eine Schnorr-Aktion sein, die eine Darstellung des Projekts beinhaltet", erzählt Resetarits. "Und sie sollte eine große Begegnungsfläche bieten – für Zuwanderer und Alteingesessene. Es ging immer um den Kampf für ein gleichberechtigtes Miteinander."

Kein Dresscode

Aus der "Schnorr-Aktion" ist ein unkonventioneller Ball geworden: Statt eines Eröffnungswalzers gibt’s afrikanische Trommler (oder im aktuellen Fall: die georgische Sängerin Maya Solotaya, die früher selbst im Integrationshaus untergebracht war); statt Frack und Abendkleid lautet der Dresscode: Erlaubt ist, was gefällt. Von der Tracht bis zum Ostbahn-Kurti-Leiberl.

Den Ehrenschutz für den Flüchtlingsball, der bis auf das Premierenjahr – da fand er in den Sofiensälen statt – im Wiener Rathaus zu Hause ist, übernahmen Ex-Opernball-Chefin Lotte Tobisch und Bürgermeister Michael Häupl. In Society-Kolumnen findet man den Flüchtlingsball aber eher selten. "Dominic Heinzl hat mir einmal gesagt, zu uns kommt er nicht, weil es ein Schmuddelball ist", erzählt Mitorganisator Niki Heinelt. Das ist aber durchaus im Sinne der Veranstalter: „Es war nie unsere Strategie, viele Promis einzuladen“, sagt Resetarits. "Es soll ja ein egalitärer Event sein. Und unsere Stars sind die Flüchtlinge." Deshalb gehen auch zehn Prozent der Karten an sie.

Bei den Bands, die für Stimmung sorgen, sucht man ebenfalls vergeblich nach bekannten Namen (von Resetarits abgesehen. Der tritt heuer mit dem Stubnblues auf). Stattdessen spielen Kapellen wie "La Caravan Passe", "Shanta Noir" oder "Balkan Tango Vibes". Dazu Heinelt: "Wir brauchen nicht die ganz großen Namen – weil der Ball für sich spricht."

Spenden halten den Betrieb aufrecht

Zurzeit wohnen 110 Flüchtlinge im Wiener Integrationshaus. Zum Angebot gehören zudem Sprach- und Berufsorientierungskurse. Im Jahr werden im Schnitt 20.000 Beratungsgespräche geführt. Um den Betrieb aufrechtzuerhalten sind jährlich rund 900.000 Euro aus Spenden notwendig. Der Reinerlös des Flüchtlingsballs macht zirka 50.000 Euro aus.

20. Flüchtlingsball, Wiener Rathaus, 28. Februar, Einlass: 20 Uhr, Beginn: 21 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf um 45 Euro in allen Bank-Austria-Filialen und in der Jugendinfo Wien.

www.integrationshaus.at