Chronik/Wien

Eiertanz um die Wahlrechtsreform

Morgen, Donnerstag, setzen die Klubobmänner von Rot und Grün ihre Gespräche über eine Wahlrechtsreform fort. Der große Wurf ist diese Woche aber unwahrscheinlich.

Wie berichtet, soll bis zum 27. November das Wahlrecht stehen. Das forderte der grüne Klubchef David Ellensohn im KURIER und sprach gar von einer "Scheidung", sollte man sich bis zu diesem Termin nicht einigen können.

Doch die SPÖ spielt auf Zeit, will die Frist offensichtlich verstreichen lassen. "Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass es sich ausgeht. Aber es dürfte zu knapp sein", wird der rote Klubchef Rudolf Schicker im Standard zitiert. Die Grünen selbst geben sich in der Causa seitdem zugeknöpft. "Wir werden jetzt nichts dazu sagen", heißt es auf KURIER-Anfrage aus der Parteizentrale der Grünen.

Mehreren Bürgerinitiativen reicht es. Sie haben eine Petition unter dem Titel "Wien braucht mehr Demokratie" gestartet. "Es kann nicht sein, dass eine Partei mit weniger als 47 Prozent der Stimmen 52 Prozent der Mandate erhält, wie das etwa 2001 der Fall war", sagt Petitions-Sprecher Heinz Berger. Er kritisiert auch die Machtverteilung in den Bezirken. "Hier sind wir demokratiepolitisch in der Steinzeit." Die Bürgerinitiativen fordern, dass die stimmenstärkste Partei nicht mehr automatisch den Bezirksvorsteher stellen darf.

Damit könnten auch auf Bezirksebene Koalitionen gebildet werden. Dazu soll es Bürgerstunden im Bezirksparlament geben, bei denen Bürger ihre Ideen und Anliegen vorbringen können.

Viele Punkte der Petition finden sich interessanterweise in einer Pressemitteilung der Neos wieder. Auch hier spricht man von einer Einführung von Bürgerstunden im Bezirksparlament und einer Direktwahl des Bezirksvorstehers. "Wir sind die Bürger, die die Zuschauerränge verlassen haben", sagt Beate Meinl-Reisinger, Neos-Chefin in Wien. Sie fordert die Abschaffung des zweiten Bezirksvorsteher-Stellvertreters: "Allein das spart uns 1,35 Millionen Euro im Jahr."

Sie sieht die Roten als Bremser beim Wahlrecht. "Die Grünen müssen aktiv werden und gemeinsam mit der ÖVP und der FPÖ ein neues Wahlrecht beschließen", fordert Meinl-Reisinger.

Dass eine Wahlrechtsreform vor der Wahl unabdingbar ist, weil man ein neues Briefwahlrecht braucht, ist nicht fix. Denn derzeit ist es zwar möglich, auch nach Schließen der Wahllokale mittels Briefwahl zu wählen. "Sollte der verzerrende Effekt nicht groß sein, ist damit zu rechnen, dass der Verfassungsgerichtshof eine etwaige Wahlanfechtung zurückweist", sagt Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk. Allerdings: "Die Optik wäre nicht schön, würde man das Wahlrecht nicht ändern."

Noch ist Zeit.