Chronik/Wien

Ehemalige Obdachlose: "Für mich war die Gruft eine Familie"

Rosie war schon in der Gruft, als es dort nur Schmalzbrote und Tee gab. 1986 war das – als die Obdachloseneinrichtung der Caritas Wien im Winter aus einer Initiative von Schülern gegründet wurde und diese nur abends zwei Stunden geöffnet hatte. Zwölf Jahre lang war Rosie obdachlos. "Ich habe in Zelten geschlafen, in Abbruchhäusern und auf Toiletten", erzählt die heute 58-Jährige.

Es begann, als Rosie noch ganz jung war. Ihre Kindheit sei nicht schön gewesen, erzählt sie. Bald wollte sie von zu Hause weg. Sie landete auf der Straße, kam ins Heim, später wegen Handgreiflichkeiten ins Gefängnis. Für obdachlose Frauen gab es damals keine Möglichkeit, Unterschlupf zu finden. Nur in der Gruft kam sie später immer wieder unter. "Für mich war es eine Familie", erzählt Rosie. "Meine Familie."

Trotzdem wollte sie in eine Wohnung ziehen. "Mit 30 wollte ich bodenständig sein", erzählt Rosie. Sie wollte Arbeit und ihre eigenen vier Wände haben. Susanne Peter, leitende Sozialarbeiterin der Gruft, hat ihr geholfen, eine Bleibe zu finden. Rosie suchte sich einen Job – sie arbeite in einer Wäscherei, als Kellnerin und als Klofrau in Schönbrunn und am Karlsplatz. "Die Gruft ist auch ein Ort, an dem Hilfe zur Selbsthilfe möglich ist", sagt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien.

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Heute ist Rosie in Pension, lebt mit ihrem Partner in einer Wohnung. 70 Euro bleiben ihr pro Monat zum Leben. Drei Mal pro Woche kommt sie auch heute noch in die Gruft, um "ihre Partie" zu besuchen und Turniere im Kartenspielen und Wuzzeln (ein klappbarer Wuzzler wird übrigens noch gebraucht, Anm.) zu organisieren. Vor ein paar Jahren, als sie noch besser auf den Beinen war, kochte sie auch für die Obdachlosen. "Die Gruft hat mir geholfen und wenn sie dort jetzt Hilfe brauchen, dann helfe ich. Ganz klar", sagt Rosie.

Psychologische Hilfe

Seit drei Wochen macht Rosie in der Gruft auch eine Psychotherapie. "Gut tun würde das all unseren Klienten", sagt Susanne Peter. Denn immer mehr brauchen neben Unterstützung bei Wohnungssuche oder Behördengängen auch psychologische oder psychotherapeutische Hilfe. "Die Sozialarbeit stößt dabei an ihre Grenzen", sagt Peter.

Fünf Therapeuten und Psychologen versehen derzeit in der Gruft ihren Dienst. "Und die sind ausgebucht", sagt Peter. Finanziert werden die Therapeuten und Psychologen über die Kardinal-König-Patenschaft zwischen Raiffeisen und KURIER. Seit 2005 wird regelmäßig an die Gruft gespendet – Sachleistungen wie Lebensmittel oder auch Geldspenden. So kamen bisher knapp 500.000 Euro an Spenden zusammen.

Spendenkonto: AT46 3200 0000 0811 9901

INFO: www.gruft.at