Chronik/Wien

Die vergessene Hälfte der Mariahilfer Straße

Sie ist nahezu gleich lang, trägt den gleichen Namen – und dennoch ist sie deutlich unpopulärer als ihre schicke Schwester: die Äußere Mariahilfer Straße. Während die innere MaHü ständig im Gespräch ist – Stichwort: Begegnungszone, samt Ärger oder Freude darüber –, gerät der äußere Teil zusehends in Vergessenheit. Die Zeiten seien härter geworden, klagen einige der alteingesessenen Geschäftsleute. Es fehle an Laufkundschaft, viele Läden stünden leer, und auch der Branchenmix sei nicht mehr ideal. Der KURIER war auf Lokalaugenschein in der Einkaufsstraße im 15. Bezirk.

Kommt man vom Westbahnhof auf die Äußere Mariahilfer Straße, erblickt man verstaubte Auslagen und diverse Billig-Läden. Doch zwischen Kebap-Ständen, Wettbüros und Handyshops finden sich noch alteingesessene Familienbetriebe.

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Etwa das Foto-Geschäft Sobotka: Seit mehr als 40 Jahren arbeite er an diesem Standort, erzählt Geschäftsführer Anton Fürböck. Seit zirka fünf Jahren seien Veränderungen spürbar: "Früher war der Branchenmix einfach besser", schildert er. Vor allem der Verlust der großen Intersport-Filiale sei schmerzhaft: "Denn der war ein richtiger Kunden-Magnet."
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Dabei sei die Lage durchaus nicht hoffnungslos: "Als Fachgeschäft, das sich um seine Kunden bemüht, hat man eine Chance", betont er. Und auch die Lage habe Vorteile: "Wir sind öffentlich sehr gut erreichbar und es gibt ausreichend Parkplätze."

Ähnliches beobachtet Eva Schrott, Chefin der gleichnamigen Bäckerei, einige Häuser weiter. Ihr Laden ist ein beliebter Treffpunkt vieler Senioren im Grätzel. Die Gegend habe aber an Attraktivität verloren: "Fachgeschäfte schließen, stattdessen gibt es mehr Billigware."

Elf Friseure

Die Chefin eines nahe gelegenen Elektro-Geschäfts möchte ihren Namen nicht nennen, bestätigt aber : "Früher waren wir die Straße der Spezialisten." Nun sei der Mix weniger gut: "In einem Abschnitt gab es einige Zeit elf Friseure", nennt sie ein Beispiel.

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Optimistischer ist die Stimmung in der Tanzboutique: "Wir haben Stammkunden und versorgen Fernsehshows", erklärt Verkäuferin Eveline Korvas. Das sei von Vorteil, Laufkundschaft gebe es nicht viel. "Das ist halt nicht unbedingt eine Straße zum Spazierengehen", scherzt sie. "Dafür findet man fast immer einen Parkplatz." Familienbetriebe gebe es weniger, dafür mehr Essensstände. "Dass es vom Essen her so international ist, gefällt mir aber gut", ergänzt ihre Kollegin Susanne Schöfnagl.

Gerhard Zatlokal, Vorsteher des 15. Bezirks (SPÖ), sind die Probleme bekannt. Aufgegeben habe man die Straße aber nicht: "Wir investieren pro Jahr 70.000 Euro in die Mariahilfer Straße und die Reindorfgasse."