Chronik/Wien

Deutlich mehr junge TBC-Patienten

Als "Weißer Tod" oder "Schwindsucht" sorgte sie in den Armenvierteln der europäischen Städte des 19. Jahrhunderts für Schrecken. Mittlerweile gilt die Tuberkulose (TBC) dank moderner Medizin in Österreich als weitgehend ausgerottet.

Bei einer Bevölkerungsgruppe kommt es allerdings zu keiner Entspannung. Im Gegenteil: In der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen schnellte in den vergangenen sechs Jahren die Zahl der Fälle von 72 auf 146 in die Höhe. Das ist mehr als eine Verdoppelung, wie aus der Beantwortung einer aktuellen parlamentarischen Anfrage des fraktionslosen Abgeordneten Rupert Doppler durch das Gesundheitsministerium hervorgeht. Damit rangiert diese Altersgruppe bei den Erkrankungszahlen mittlerweile an der Spitze der Statistik.

Einen leichten Anstieg der Fälle gab es demnach auch bei den 25- bis 34-Jährigen (von 98 auf 126), ansonsten sind die Zahlen in allen Altersgruppen rückläufig bzw. relativ konstant.

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Dass diese Entwicklung eng mit der Flüchtlingssituation zusammenhängt, zeigt die statistische Aufschlüsselung nach Herkunftsregionen. Demnach stieg die Zahl der TBC-Patienten aus der Region östliches Mittelmeer von 38 (2010) auf 194 (2016).

Den Wiener Lungenspezialisten Prim. Norbert Vetter überrascht dies nicht: "Die Tuberkulose tritt bei Menschen in schwierigen psychischen und sozialen Lebensumständen häufiger auf. Diese führen zu einer Schwächung der Immunabwehr." Wenn viele Menschen unter schlechten hygienischen Bedingungen auf engem Raum zusammenleben, würde das die Ansteckungsgefahr zusätzlich erhöhen.

Experte entwarnt

Gleichzeitig gibt Vetter aber Entwarnung: "Ich sehe keine Gefährdung der Bevölkerung", betont er. "Die Tuberkulose ist medikamentös sehr gut behandelbar. Und auch die Ansteckungsgefahr ist nicht so hoch, wie allgemein angenommen wird." Wird die Erkrankung behandelt, vermehren sich die Bakterien innerhalb weniger Wochen nicht mehr, wodurch der Patient keine anderen Menschen mehr anstecken kann. "Resistenzen, bei denen die Arzneien nicht gutwirken, sind sehr selten", sagt der Arzt.

Er verweist auch auf die funktionierenden behördlichen Maßnahmen, die eine Ausbreitung verhindern sollen. "Es gibt in Österreich in jedem Bundesland sogenannte Tuberkulose-Reihenuntersuchungen, bei denen Risikogruppen regelmäßig auf das Vorliegen einer ansteckenden Form untersucht werden", betont das Gesundheitsministerium in der Anfrage-Beantwortung. "Auch die medizinische Erstuntersuchung von Asylwerbern beinhaltet eine Tuberkulose-Abklärung."

Zudem werde laut Ministerium bei jedem erhobenen Fall eine Umgebungsuntersuchung eingeleitet, bei der eine mögliche Weitergabe des Erregers an das persönliche Umfeld abgeklärt wird.

Insgesamt bleibt daher die Gesamtzahl der Fälle auf niedrigem Niveau: Wurden 2010 noch 691 Patienten mit dieser infektiösen Lungenerkrankung gezählt, waren es im Vorjahr nur mehr 644. Die Zahl der Todesfälle pendelte in diesem Zeitraum zwischen zwölf und 20 pro Jahr.