"Der Bursche tyrannisiert uns alle"
Von Michael Berger
Wir haben Angst, in unserem Haus zu leben. Der Bursche terrorisiert uns alle." Stefanie Gös, fasste sich ein Herz und sprach das aus, was knapp 30 Hausparteien eines Genossenschaftsbaus in Wien-Favoriten seit Jahren fühlen und denken.
Die restlichen Bewohner wollten beim KURIER-Lokalaugenschein kollektiv anonym bleiben – aus Angst vor gezielten Racheakten des strafunmündigen 13-jährigen Manuel K. (Name von der Redaktion geändert) .
Der Jugendliche geriet vor Kurzem in die Schlagzeilen. Nachdem er seiner Mutter das Auto entwendet hatte, tankte er, ohne zu zahlen, und raste mit zwei Freunden Richtung Tschechien. Dort wollte das Trio Waffen kaufen, um später damit eine Raubserie zu starten. Die Jugendbande (13, 14 und 17) wurden allerdings schon in Wien-Simmering vorübergehend festgenommen.
Da er strafunmündig ist, brachte die Polizei Manuel K. wieder einmal in ein Krisenzentrum der Stadt. Dort aber, so Herta Staffa, Sprecherin des Jugendamtes "ist er auch diesmal davongelaufen. Es gibt keine Möglichkeit, wir dürfen ihn nicht einsperren."
Seit Tagen irrt der Bursch durch Wien und kommt immer wieder zur elterlichen Wohnung. "Dort hämmert und tritt er gegen die Eingangstüre. Wir können nicht mehr schlafen. In dieser Woche war schon zwei Mal die Polizei im Haus", schildert der Wohnungsnachbar. Die Mutter des Buben – auch sie darf aus rechtlichen Gründen namentlich nicht genannt werden – sprach mit dem KURIER Klartext: "Ich lasse ihn nicht herein. Denn es gibt mit seinen drei Brüdern nur Streit und Kampf. Er muss in die Schranken gewiesen werden." Nachsatz: "Wenn er hämmert und in die Wohnung will, tut das schon weh, denn er ist immer noch mein Kind."
Die kriminelle Karriere Manuels startet bereits im Alter von elf Jahren. Polizeisprecher Roman Hahslinger bestätigte: "Er ist wegen Vandalismus, Körperverletzung und mehrerer Raubüberfälle polizeibekannt."
Wilde Partys
Die verängstigte Hausgemeinschaft spricht von weiteren Straftaten: "Pkw-Reifen wurden aufgestochen, Autos zerkratzt und Scheiben eingeschlagen. Der Bursch feiert mit Freunden in der Waschküche wilde Partys und er schläft im Keller. Auch wurde bereits Benzin unter Autos gegossen. Das Jugendamt sollte einmal die gesamte Familie überprüfen."
Tatsächlich gibt es gegen den strafunmündigen Manuel keine Handhabe. Monika Pinterits, Kinder- und Jugendanwältin bestätigt: "Das ist eine Bankrotterklärung des Systems. Hier ist ab dem Kleinkindalter alles schiefgelaufen."
Bei Manuel K. wurde bereits eine schwere emotionelle Störung diagnostiziert. Trotzdem kann er auch nicht in einer Kinder-Psychiatrie festgehalten werden. Denn so lange keine Suizidgefahr besteht, kann der Strafunmündige trotz seiner Taten nicht festgesetzt werden. Jugendanwältin Pinterits: "In diesem Fall tritt wahrscheinlich erst eine Änderung ein, wenn Manuel mit dem vollendeten 14. Lebensjahr strafmündig wird." Und das ist Anfang Oktober 2012.
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