Chronik/Wien

Wer steckt hinter dem Titel „Demokratiehauptstadt“?

Ab kommenden Oktober darf Wien sich ein Jahr lang „Europäische Demokratiehauptstadt“ nennen, der KURIER berichtete. Der von der CEO European Capital of Democracy (ECoD) voriges Jahr erfundene Titel soll Demokratien stärken. Erste Demokratiehauptstadt ist Barcelona, als Nachfolgerin wurde per europaweitem Online-Voting Wien gekürt.

In Wien sind etwa eine Demokratiewerkstatt, ein Kunstfestival oder ein Gaming-Projekt geplant. Auch eine internationale Bürgermeisterkonferenz soll stattfinden. Der Wiener ÖVP ist das von der Stadt mit 50.000 Euro geförderte Treiben nicht geheuer; sie vermutet, dass es den Veranstaltern weniger um demokratiepolitische als um parteipolitische Interessen geht.

„Was wie die Verleihung eines Titels durch eine große europäische Organisation aussieht, ist in Wahrheit hausgemacht – und zwar von der rot-pinken Stadtregierung“, sagt Gemeinderat und Finanzsprecher Manfred Juraczka. Etliche Proponenten des Titels hätten SPÖ- oder Neos-Nähe, moniert er.

Unter anderem war ECoD Gründer Helfried Carl Büroleiter der früheren Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) und ECoD-Geschäftsführer Stefan Sindelar Neos-Bundesgeschäftsführer. Für Juraczka drängt sich daher der Verdacht auf, dass SPÖ und Neos sich auf Kosten der Steuerzahler „selbst beweihräuchern“ wollten. Auch dass Wien ausgerechnet im Jahr vor der Gemeinderatswahl Demokratiehauptstadt wird, ist der VP suspekt.

Nächste Woche wird im Gemeinderat über den entsprechenden Förderantrag abgestimmt. „Ich appelliere an Bürgermeister Ludwig, bei diesem peinlichen Schauspiel die Notbremse zu ziehen“, sagt Manfred Juraczka.