Dem Chauffeur ist nichts zu schwer
Von Niki Nussbaumer
Passt die Musik?“, fragt der Herr am Steuer. „Oder hätten Sie lieber Jazz? Blues? Reggae?“
Die Musik passt, das Outfit auch. Schwarzer Anzug, violettes Hemd, Krawatte, Schal. In der Tasche trägt er ein iPad, am Körper Hermes.
Die Wahl des Parfums macht Sinn, war doch Götterbote Hermes in der griechischen Mythologie der Schutzgott des Verkehrs.
Seit 20 Jahren lenkt Thomas Schwarz seinen Wagen täglich durch den Wiener Verkehr. Und sagt noch immer: „Mir macht das Gewerbe Spaß.“ Nur Taxler will er nicht genannt werden; Business-Chauffeur hört er lieber.
Geld gebraucht
Dabei begann der 52-Jährige eigentlich als Straßenbahnfahrer. „Geh’ zur Tramway, da brauchst nix hackeln“, hatte ihm sein Vater geraten. Das tat der Sohn, merkte aber bald, dass das Gehalt nicht reichte. Also begann er nebenbei Taxi zu fahren, zuerst am Wochenende, dann auch feiertags und nachts. „Damals gab’s 2500 Taxis in Wien. Da konnte man noch gut verdienen.“ Jetzt sind es 4500 Autos.
Eines Tages bat ihn eine alleinstehende Dame, sie ins Hotel Sacher zu begleiten, „aber ich hatte nur T-Shirts und bunte Schlabberhosen an“ – also kleidete sie ihn bei einem exklusiven Herrenausstatter ein. Für Schwarz ein einschneidendes Erlebnis: „Ich habe zum ersten Mal gemerkt, welchen Effekt ein Anzug ausgelöst hat.“
Also behielt er den feinen Stoff an und begann, sich auf Geschäftsleute zu spezialisieren; Kunden, die es schätzen, in seinem 60.000-Euro-Mercedes mit W-Lan und iPod -Anschluss arbeiten zu können. Kunden, die ohne mit der Wimper zu zucken 2000 Euro für eine Fahrt nach Venedig hinblättern. Und Kunden, die ihre Kinder zum Skifahren nach Kitzbühel chauffieren lassen.
Service
„Aber nur Anzug zu tragen und einen Mercedes zu fahren, ist zu wenig“, sagt Schwarz. Und so empfängt er jede Dame auf dem Flughafen mit einer Rose, übernimmt Botenfahrten zu Schuster und Schneider, und besorgt Lebensmittel, wenn ein Kunde einmal nicht zum Einkaufen kommt. „Ich bin mir für nichts zu schade“ (Kontakt: 0664/100 14 00 ).
Das kommt gut an. Mehr als 200 Stammkunden füllen inzwischen seine Kartei. Sie schätzen seine Diskretion („es sind viele Wirtschaftsbosse dabei“) und sein Service: Dazu gehören Tageszeitungen und Wochenmagazine, Schuh- und Kleiderbürste oder Damenstrümpfe – sollte eine Kundin eine Laufmasche haben.
Für längere Fahrten hat er sogenannte Overnight-Packages hergerichtet: Tampons für sie, Rasierer für ihn, Kondome für beide.
Übrigens: Wenn Sie seinen Wagen einmal auf einem Taxi-Standplatz sehen sollten, steigen Sie ruhig ein. Innerhalb der Stadt fährt Thomas Schwarz zum Wiener Taxitarif, nur außerhalb wird’s teurer. „Bei den Mickey-Mouse-Preisen, die da angeboten sind, starte ich nicht einmal den Motor.“
36100 - Neuer Taxifunk und mobile Konkurrenz
Der Wiener Taximarkt wird neu aufgemischt. Die beiden großen Funkzentralen, 40100 und 31300, haben seit Montag Konkurrenz von einem deutschen Taxi-Unternehmen, das unter der Rufnummer 36100 nach Österreich expandiert.
„Wir starten mit 100 Wagen“, sagt Ralph Brück. Gemeinsam mit seinem Bruder Holger betreibt er in seiner Heimat die Firma Main Taxi Frankfurt. Warum sich die beiden nun in Wien engagieren? „In Frankfurt gibt es 1700 Taxis und fünf Funkzentralen, in Wien 4500 Taxis und nur zwei Zentralen.“
Von einem „Taxikrieg“, wie manche Medien geschrieben haben, könne daher keine Rede sein. „Wien ist ein Riesenmarkt, da ist locker Platz für eine dritte Funkzentrale“, sagt Ralph Brück.
Fakt ist: Etwa die Hälfte der 4500 Wiener Taxis fährt mit Funk. Bis zu 600 Euro pro Monat verrechnen die beiden etablierten Funkzentralen jedem Taxilenker für das Vermitteln von Fahrgästen. Mit niedrigen Monatspauschalen wollen die Brüder Brück nun Taxilenker anlocken. „Bei uns kostet die Pauschale nur 336 Euro.“
Zwei weitere Unternehmen – myTaxi und getataxi – versuchen über Handy-Apps in Wien groß ins Geschäft zu kommen. Sie haben bei der Bundeswettbewerbsbehörde einen „Antrag auf Abstellung des Missbrauches einer marktbeherrschenden Stellung“ der großen Funkzentralen eingebracht und warten nun auf ein Urteil des Kartellgerichtes.