Chronik/Wien

Das "Charlie P's" sperrt zu, die Erinnerungen bleiben

Es war einer dieser Abende, die ihren Zenit eigentlich schon überschritten hatten. Die Party zuvor war aufgelöst worden, weil einer der Gäste in der Wohnung ein Megafon gefunden hatte und zu den Gitarrenklängen des Gastgebers in ebendieses sang. Die Nachbarin war wenig erfreut gewesen.

Das "Charlie P's" lag am Heimweg. Keine Ahnung, was dort damals noch geredet oder getrunken wurde. (Der Kellner teilte - auch ganz ohne Megafon - relativ rasch die Ansicht der besagten Nachbarin, dass es Zeit war zu gehen.) Was von dem Abend blieb, ist eine Freundschaft, die bis heute Bestand hat.

Dann war da noch jener Freund, der eines Abends einen der Barhocker "entlieh", um auf dem Heimweg in der Bim "auch sicher einen Sitzplatz zu haben".

Aus der Zeit gefallen

Die Lehren aus dem Abend: Es ist gar nicht so einfach, mit einem Hocker davonzulaufen. Und gar nicht so bequem, in einer ruckelnden Straßenbahn darauf zu sitzen.

Jetzt muss das "Charlie P's" schließen. Das macht eigenartig sentimental, auch wenn man seit Jahren keinen Fuß mehr hinein gesetzt hat. So wie es einem mit vielen Lokalen geht, die irgendwann aus der Zeit gefallen sind. Ein Gefühl, das heute übrigens viele Wienerinnen und Wiener teilen. Fast jeder, so scheint es, hat seine ganz persönlichen Erinnerungen an das Lokal. (Und wohl auch so manches unerlaubte Souvenir.)

Wir jedenfalls haben heute spontan beschlossen, noch eine letzte Trauerfeier an der Bar zu veranstalten. Die Sitzgelegenheit bringen wir selber mit.

Ab sofort kommentieren Christoph Schwarz und Julia Schrenk an dieser Stelle regelmäßig Amüsantes, Skurriles und manchmal auch Nachdenkliches, das (wahrscheinlich) nur in dieser Stadt passiert.