Causa Aliyev: Tatort "am Ende der Welt"
Von Ricardo Peyerl
Der Tatort: Almaty, Kasachstan, 4615 Kilometer Luftlinie von Wien entfernt, "am Ende der Welt, dort muss man erst einmal hinfinden" (Anwalt Richard Soyer, verlängerter Arm des kasachischen Generalstaatsanwalts).
Die Tatzeit: 9. 2. 2007, acht Jahre zurück liegend.
Die Opfer: Zholdas Timraliyev und Aybar Khasenov, zwei Familienväter und Manager der kasachischen Nurbank, deren Leichen vier Jahre später in mit gelöschtem Kalk gefüllten Metallfässern gefunden wurden.
Die Zeugen: 60 Personen, die großteils aus Kasachstan eingeflogen werden oder per Videokonferenz vernommen werden müssen, weil sie dort in Haft sitzen.
Die Angeklagten: Der mutmaßliche Mastermind des teuflischen Entführungs- und Mordplans, der kasachische Ex-Botschafter und einstige Eigentümer der Nurbank, Rakhat Aliyev, wurde am 24. Februar 2015 erhängt in seiner Zelle gefunden; Ex-Geheimdienstchef Alnur Mussayev und Ex-Präsidentenwächter Vadim Koshlyak werden aus der U-Haft vorgeführt.
16 Laienrichter
Der Prozess findet in Österreich statt, weil die Angeklagten nach Einschätzung der heimischen Justiz in ihrer Heimat kein faires Verfahren zu erwarten hätten und daher nicht ausgeliefert wurden. Der Anwalt Richard Soyer tritt als Vermittler zwischen kasachischer und österreichischer Justiz auf, zwischen denen es kein Rechtshilfeabkommen und auch sonst wenig Korrespondenz gibt. Die kasachischen Staatsanwälte seien beinahe beleidigt, weil man ihnen kein rechtsstaatliches Verfahren zutraut, berichtet Soyer.
"Die Qualität des Prozesses hängt von den Zeugen ab", sagt der Anwalt: Seine Kanzlei managt die Übersetzung der Ladungen, die Visa, die Flüge, die Unterbringung, die Erstattung der Kosten für die Zeugen. Ihnen stehen bei privater Unterkunft 12,40 Euro pro Nacht oder maximal 74,40 Euro bei Vorlage einer Hotelrechnung zu. Mittag- und Abendessen werden gegen Rechnungen mit jeweils 25,50 Euro ersetzt.
Zehn Verurteilte
Insgesamt haben in Kasachstan in Zusammenhang mit dem Prozessthema zehn Personen Freiheitsstrafen zwischen fünf und 20 Jahren erhalten, einige wurden bereits bedingt entlassen, einige sind außer Landes.
Richard Soyer hat sich den Tatort in Almaty angeschaut: "Gruselig", so hat er es empfunden. Im Namen der kasachischen Regierung hat Soyer bei der Wiener Staatsanwältin und beim vorsitzenden Richter Andreas Böhm angeregt, ebenfalls einen Lokalaugenschein zu machen. Das wurde abgelehnt.