Böses Erwachen nach Hoffnung auf Mietsenkung
Von Birgit Seiser
Die Fachstelle für Wohnungssicherung der Volkshilfe Wien ( Fawos) ist für rund 17.000 Wiener jedes Jahr die Anlaufstelle, wenn eine Räumung droht. Rund 30 Prozent der Klienten sind Mindestsicherungsempfänger, viele sind armutsgefährdet. Genau diese Menschen rücken aber anscheinend immer mehr in den Fokus eines bestimmten Geschäftszweigs. Prozesskostenfinanzierer, die ihren Kunden versprechen, ihre Wohnungsmiete zu senken. Statt weniger Miete zu bezahlen, folgen einem Vertragsabschluss mit den Unternehmen aber oft große Probleme.
Bei Fawos beschäftigt gerade der Fall der Familie S. die Sozialarbeiter. Der Vater stieß über Facebook auf die Anzeige eines derartigen Unternehmens. Nach dem Ausfüllen eines Online-Fragebogens kam bald darauf ein Mitarbeiter zur Begutachtung in die Wohnung, wie der Betreuer der Familie, Daniel Khopp erzählt: „Sie haben mir die Atmosphäre beim Vertragsabschluss als sehr familiär beschrieben. Nachdem die Papiere unterzeichnet waren, wurde Familie S. zugesichert, dass sie eine Kopie des Vertrags per eMail zugeschickt bekommt. Das ist aber seit 2016 nicht passiert.“
Keine Mietsenkung
Auch sonst tat sich nichts – außer, dass die Familie mit Migrationshintergrund immer größere Probleme mit Mietrückständen bekam. Schließlich wurde eine Räumungsklage eingereicht.
Der Versuch aus dem Vertrag mit „dem Prozesskostenfinanzierer“ auszusteigen, scheiterte. Der Fall beschäftigt derzeit die Schlichtungsstelle. Vermutlich wurde die Familie nicht vertreten, weil bei einem Prozess mit dem Vermieter nicht viel zu holen gewesen wäre. Die Prozessfinanzierer arbeiten nämlich auf Erfolgsbasis.
In einem Vertrag der Firma „ Miete Runter“, der dem KURIER vorliegt, beläuft sich das Entgelt auf 48 Prozent der erzielten Mietrückzahlung. Außerdem müssen auch künftige Mietzinsersparnisse für die kommenden drei Jahre zum gleichen Prozentsatz an das Unternehmen bezahlt werden. Auf der Homepage von „Miete Runter“ ist nachzulesen, dass sich das Unternehmen 30 Prozent der erstrittenen Mietrückzahlung einbehält. Die 48 Prozent, seien eine Sondervereinbarung, weil die Rückzahlung so niedrig ist, dass die Kosten für das Unternehmen anders nicht zu decken sind.
Zum Vergleich: Beim Verein Mietervereinigung geht die gesamte Rückzahlung an die Klienten. Lediglich ein Jahresbeitrag von 63 Euro ist zu bezahlen. Auch dort kennt man die fragwürdigen Methoden verschiedener Anbieter. Ein weiteres Problem sei es, dass, wenn der Vertrag bereits bei einer solchen Firma unterschrieben wurde, die Mietervereinigung nicht mehr helfen könne. Die Mieter sind durch ihre Unterschrift an den jeweiligen Prozessfinanzierer gebunden. Zusätzlich kämen nach einer Mietsenkung noch die Differenzen zwischen Mieter und Vermieter dazu. „Wir versuchen da zu vermitteln, damit alle Parteien auch in der Zukunft gut miteinander auskommen. Das machen diese Unternehmen nicht“, sagt Elke Hanel-Torsch, die Geschäftsführerin der Mietervereinigung Wien.
Fragwürdige Akquise
Bei Fawos sieht man auch in der Kundenakquise ein Problem. Die Mitarbeiter der Unternehmen würden gezielt in Moscheen gehen und die Sprachbarriere der Menschen „nutzen“, um Geschäfte abzuschließen. Außerdem gehen Mitarbeiter von Haus zu Haus und werben für ihren Service. Um Vertrauen zu erwecken, werden oft Landsmänner zu den potenziellen Kunden geschickt.
„Was diese Firmen tun, ist rechtlich zwar legal, moralisch aber bedenklich, meiner Meinung nach. Es ist wichtig, dass wir damit an die Öffentlichkeit gehen und die Menschen vor den Unternehmen warnen“, sagt Robert Blum, Abteilungsleiter der Fawos.
Auf Anfrage bei der Firma „Miete Runter“ heißt es, dass man ein seriöses Unternehmen sei und daher keine aggressiven Werbungstaktiken anwende. Das würden die anderen Anbieter, wie Mietfuchs oder Mietkaiser tun. Der versprochene Rückruf der Firma Mietfuchs kam nicht. Mietkaiser hat auf der Homepage keine Telefonnummer angeführt.