Chronik/Wien

Bei Taxi- und Uber-Kontrolle: Zwei Autos gepfändet, 15 Mal Lohndumping

Uber-Fahrer Tommy S. (Name geändert) kann es nicht glauben, was ihm der Beamte vom Erhebungs- und Vollstreckungsdienst gerade sagt. Sein Chef, der Mietwagenunternehmer und Besitzer des Autos, ist 6000 Euro im Abgabenrückstand. Wenn er nicht in der nächsten Stunde das Geld vorbeibringe, werde das Auto gepfändet.

„Was soll ich denn jetzt tun?“, fragt Tommy S., der Montagabend in der Schüttelstraße, Ecke Lukschgasse aufgehalten wird. Er sei ja nur halbtags Uber-Fahrer, nur ein paar Stunden am Abend, um ein bisschen mehr Geld für seine Tochter zu verdienen. Eigentlich sei er ja Pfarrer. Der Nigerianer schüttelt den Kopf und wählt zum wiederholten Mal die Nummer seines Chefs. Er hebt nicht ab.

Tommy S. ist einer von 62 Taxi- oder Mietwagenfahrern, die in der Nacht auf Dienstag kontrolliert wurden. Polizei, Finanzpolizei und Stadt Wien haben gemeinsam eine ihrer regelmäßigen Schwerpunktaktionen durchgeführt.

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Während Tommy S. auf den Rückruf seines Chefs wartet winkt ein Polizist mit Lichtkegel weitere Taxis und Mietwagen heran, verlangt Führerschein, Fahrzeugpapiere, in manchen Fällen Sozialversicherungsnummer. Zwei von drei Fahrspuren sind auf der Schüttelstraße abgesperrt, um Platz für die Dienst- und die zu kontrollierenden Autos zu lassen, rund sechs Fahrzeuglenker werden kontrolliert. Das Blaulicht der Polizeifahrzeuge erhellt die Nacht.

Signalwirkung

„Das hat eine gute Präventivwirkung“, sagt Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), der den Beamten gemeinsam mit Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl einen Besuch abstattet. „Denn es bekommen auch jene Taxi- und Mietwagenfahrer mit, die bei der Stichprobenkontrolle nicht herausgeholt werden. Mir ist es wichtig, dass alle die Spielregeln einhalten. Es kann nicht sein, dass das nur eine Partei tut.“ Er werde sich deshalb weiterhin mit Vertretern der Wirtschaft zusammensetzen, bis eine Lösung im Streit zwischen Taxi- und Mietwagen- bzw. Uber-Fahrern gefunden sei.

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Eine ältere Fahrgästin, deren Mietwagen soeben angehalten wurden, steigt verärgert aus. „Was soll denn das?“, fragt sie. Sie komme direkt vom Flughafen, sei gerade aus Istanbul zurückgekommen und wolle nur rasch nach Hause.

Man versuche, die Unnannehmlichkeiten für die Gäste so gering wie möglich zu halten, meint Franz Kurz, regionaler Leiter der Finanzpolizei Wien. Aber derartige Schwerpunktkontrollen seien nun einmal „eine effektive Maßnahme, Fahrgästen einen sicheren Transport zu ermöglichen und das Gewerbe vor illegalen Lenkern zu schützen“, ergänzt  Michael Takács, Abteilungsleiter der Landesverkehrsabteilung. Sie würden mittlerweile einmal im Monat stattfinden.

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Die Frau aus Istanbul nickt, aber ist trotzdem weiter verärgert.

Sozialdumping bis Gewerbeordnung

Insgesamt werden bei der Aktion, die von Montag, 18 Uhr, bis Dienstag, zwei Uhr früh, dauerte, 40 Taxis und 22 Mietwagen kontrolliert.

Die Wiener Gebietskrankenkasse stellt dabei 15 Fälle von Lohn- und Sozialdumping fest und findet fünf Personen, die nicht sozialversichert sind. „Viele Fahrer sind nur geringfügig angestellt, obwohl sie eigentlich Vollzeit arbeiten. Wenn wir so einen Fahrer antreffen, bestellen wir den Dienstgeber zu uns und lassen uns die Arbeitsaufzeichnungen zeigen“, sagt Michael Halper von der Wiener Gebietskrankenkasse.

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Zudem erstattet das Marktservice vier Anzeigen, weil die Gewerbeordnung nicht eingehalten wurde, zwei Anzeigen wegen falscher Güterbeförderung.

Die Polizei stellt wiederum sieben Anzeigen nach Taxibetriebsordnung aus. (Grund dafür kann sein, dass der Fahrer nicht angegurtet, der Taxilenkerschein nicht hinterlegt oder das Taxi verschmutzt ist.) Die Finanzpolizei leitet sieben Nacherhebungen wegen Betrugsverdachts ein.

Schlagstock und Suchtgift

Auch auffällige „normale“ Pkw hält die Polizei auf. In einem Fahrzeug wurde dabei Suchtgift sichergestellt, bei einem anderen ein Schlagstock gefunden. Ein Lenker, der aber unter 0,8 Promille hatte, musste das Auto stehen lassen; einem Fahrer mit 1,2 Promille wurde der Führerschein abgenommen.

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Tommy S. hat seinen Chef indes immer noch nicht erreicht. Die MA 6 leitet die Pfändung ein, der Abschleppdienst wird informiert. Der Mietwagenfahrer muss Autoschlüssel und Papiere abgeben und bekommt eine Bestätigung für den Chef mit, dass dieser das Auto gegen Nachzahlung der Abgaben in der Verwahrstelle abholen kann.

Tommy S. zwei Fahrgäste nehmen es nicht so schwer. Sie sind zwar auch gerade vom Flughafen gekommen, aber sie werden die Fahrt beim Anbieter eben stornieren, das sollte kein Problem sein. „Aber gehen wir ein Stück, bevor uns ein Taxi nehmen“, sagt die Frau, während sie die Taschen aus dem Kofferraum hieven. „Sonst kommen wir gleich wieder in eine Kontrolle.“