Chronik/Wien

Aufstand der Gewerkschaft gegen Häupl

Der eskalierende Richtungsstreit in der SPÖ ist um eine Facette reicher: Jetzt proben auch Teile der SPÖ-dominierten Gewerkschaft den Aufstand gegen Bürgermeister Michael Häupl. In einem Brief vom 10. November übt die Hauptgruppe II der younion angesichts der aktuellen Missstände im Krankenanstaltenverbund (KAV) massive Kritik am Stadtoberhaupt. Sie vertritt immerhin rund 30.000 Mitarbeiter.

Anlass sind die jüngsten Ankündigungen Häupls, die Ausgliederung des KAV diskutieren zu wollen. Im KURIER-Gespräch hatte es Häupl als „skurril“ befunden, dass der KAV mit seiner hohen Zahl an Mitarbeitern keine Personal- und Finanzhoheit hat. Für die Gewerkschafter ist diese Argumentation „ein Schlag in das Gesicht jener Wienerinnen und Wiener, die in der Daseinsvorsorge täglich für die Gesundheit in dieser Stadt einstehen.“ Häupl kritisiere mit seinen Aussagen seine eigene Arbeit, denn er spreche dabei von einer Unternehmung, „die Sie als Bürgermeister laut §11 der Statuten […] maßgeblich gestaltet und nach außen vertreten haben. Wer wenn nicht Sie, weiß um die Umstände der Personalhoheit Bescheid?“, heißt es im Schreiben der Gewerkschafter. Die Selbstkritik sei aber kein Argument für die Auslagerung, die die Gewerkschaft massiv bekämpft. „Für wen, wenn nicht für Sie, wäre es ein leichtes, auch ohne Ausgliederung eine Korrektur dieses Umstandes vorzunehmen?“

Der Brief, der dem KURIER vorliegt, wurde von Susanne Jonak, Vorsitzende der Hauptgruppe II, ihren Stellvertretern sowie den Vorsitzenden der Dienststellenausschüsse in den KAV-Spitälern unterzeichnet.

Zuletzt hatte der Rechnungshof massive Kritik am KAV-Generaldirektor Udo Janßen geübt. Er soll seine Verantwortungsbereiche an andere Geschäftsführer delegiert haben, gleichzeitig beziehe er ein Gehalt von 24.000 Euro. Ein Umstand, der für Häupl im KURIER-Gespräch eine Diskussion wert sei. Die Gewerkschaft fühlt sich durch dieses Statement gefrotzelt: Bereits 2014 habe die Hauptgruppe II gegen die von Häupl verantwortete Bestellung Janßens protestiert. „Unsere Argumente damals: Udo Janßen fehlen für diese Position nötige Eigenschaften wie hohe Leitungs- und Führungseignung, herausragende Kommunikations- und Sozialkompetenz […]. Sein hohes Gehalt wurde damals ebenfalls von uns kritisiert“, schreiben die Gewerkschafter an Häupl, „von Ihnen aber befürwortet - mit den Worten, es sei ein für Top-Manager übliches Gehalt.“ 2014 habe man auch schon kritisiert, dass der KAV von externen Beratern beherrscht werde. „Nun, nach dem aktuellen Rechnungshofbericht, ist das alles neu für Sie?“

Die Gewerkschafter zeichnen ein düsteres Bild von den aktuellen Zuständen im KAV: Die Unruhe und Unzufriedenheit wachse mit jedem Tag: „Funktionierende Strukturen wurden und werden zerstört, Ergebnisse von Arbeitsgruppen werden negiert, verworfen oder fließen erst über externe Berater wieder teuer ein. Fachkräfte wandern nach Jahren der Enttäuschung ab. Standorte wurden geschlossen und tausende Mitarbeiter entwurzelt. Gleichzeitig werden hohe Summen an das Management und externe Berater überwiesen.“

Im Büro Häupl heißt es zu den Vorwürfen knapp: "Auch die Hauptgruppe II kann kein Denkverbot aussprechen." Dass der Brief ausgerechnet jetzt an die Öffentlichkeit gespielt wird, ist laut KAV-Insidern kein Zufall. Mitten im tobenden SPÖ-internen Richtungsstreit soll damit der Realo-Fraktion der Rücken gestärkt werden, die vor allem in den großen Flächenbezirken beheimatet ist. Sie pocht auf eine Abkehr von der derzeitigen Politik - vor allem beim Thema Flüchtlinge und Integration - die vom linken Parteiflügel rund um Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely repräsentiert wird. Sie gilt als vehemente Befürworterin einer KAV-Auslagerung und steht gleichzeitig wegen der Misstände im KAV massiv unter Beschuss.