Schülerinnen in Wien abgeschoben: Polizei löste Kundgebung auf
Der Protest gegen die Abschiebung von drei Schülerinnen nach Georgien bzw. Armenien ist Donnerstagfrüh in Wien-Simmering von der Exekutive aufgelöst worden. 160 Personen, darunter Politiker der NEOS, SPÖ und der Grünen hatten in der Zinnergasse 29 im 11.Bezirk dagegen mobil gemacht. Vergeblich, die Abschiebungen wurden durchgeführt, berichtete Polizeisprecher Daniel Fürst.
Wie die Polizei in einer Aussendung mitteilte, hätten die Demonstranten die Ausfahrt des Polizei-Konvois mit sperrigen Gegenständen wie Misttonnen und Einkaufswägen barrikadiert.
Zudem kam es zu Sitzblockaden.
Auf Twitter entzündete sich ebenso ein Protest gegen die Abschiebungen. "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk machte dort auf die Abschiebung, die in der Nacht um 3 Uhr stattfinden sollte, aufmerksam. Klenk sieht die Aktion als eine grausame Maßnahme, denn die Kinder sind nicht nur hier aufgewachsen, sondern auch hier geboren.
Der Vater stünde hier in Tränen, weil seine Familie auseinandergerissen werde, berichtete Klenk auf Twitter. Kurz vor 5.00 Uhr wurde der nicht angemeldete Protest der Aktivisten durch die Exekutive beendet.
Unterstützung von Lehrern und Mitschülern
Besonders debattiert wurde der Fall einer zwölfjährigen Schülerin, die Montagabend mit ihren Eltern von der Fremdenpolizei in ein Abschiebezentrum gebracht wurde. Die Gymnasiastin, die im ersten Wiener Gemeindebezirk die Schule besuchte, fand die Unterstützung von Lehrern und Mitschülern, die mit ihrer guten Integration und der Hochphase der Pandemie gegen die Abschiebung argumentierten und (wie im Fall einer weiteren - armenisch-stämmigen - Schülerin im zehnten Wiener Gemeindebezirk) eine Petition starteten.
Im Innenministerium verwies man darauf, dass mehrere höchstgerichtliche Entscheide vorliegen, die eine Außerlandesbringung vorsehen. Der Termin des Abschiebeflugs, der mehrere Destinationen ansteuert, wurde im Vorfeld wie üblich nicht bekannt gegeben.
Familie seit vier Jahren unrechtmäßig im Land
Bei der georgischen Schülerin scheint der Fall nach Informationen der APA zumindest rechtlich eindeutig. Denn die Familie befindet sich bereits seit vier Jahren unrechtmäßig im Land, der Vater allerdings zuletzt legal mit einem Touristen-Visum.
Das Bundesverwaltungsgericht hat festgehalten, dass die lange Aufenthaltsdauer nicht zuletzt wegen beharrlicher Nichteinhaltung der behördlichen Vorgaben gegeben sei.
Die Mutter war erstmals 2006 ins Land gereist und hatte hier auch ihre erste Tochter bekommen. Zwischenzeitlich hatte sie Österreich schon verlassen müssen und war zwei Jahre später wieder eingereist. Alle Instanzen beurteilten die diversen Asylanträge negativ.
Die SPÖ-Abgeordneten Reinhold Einwallner, Nurten Yilmaz, Eva-Maria Holzleitner, Sonja Hammerschmid und Katharina Kucharowits fragten sich am Mittwoch in einer Aussendung, ob Kinderrechte nichts mehr zählten. Ebenso äußerte sich NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper, die am Donnerstag unter den Protestierenden vor der "Familienunterkunft Zinnergasse" war.
Kritik von Stadtregierung
Harsche Kritik kam am Mittwochnachmittag auch von der Wiener Stadtregierung. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nannte die Vorgangsweise am Rande der ersten rot-pinken Regierungsklausur "nicht nachvollziehbar. Das Innenministerium habe zumindest zugesichert, die Fälle zu prüfen, berichtete er Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) nach dem Ministerrat. Es wäre gut nach menschlichen Lösungen zu suchen. Denn es könne ja nicht sein, dass bestens integrierte Schüler in einer Situation, wo sie nicht einmal das Herkunftsland kennen, aus den Klassen geholt werden.
ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer verteidigte im Vorfeld die Abschiebungen mit Verweis auf die geltende Rechtslage. In Österreich geborenen Kindern den Zugang zur Staatsbürgerschaft zu erleichtern, lehnte er ab. Kritik hagelte es auf Twitter von Protestierenden vor allem über die Art und Weise der Abschiebung - in der Zeit einer Pandemie.