Akademikerball: "Polizei-Einsatz war ein riesiger Erfolg"
Polizei, Veranstalter, Demonstranten: Zwei Tage nach den gewalttätigen Demos gegen den Akademikerball der FPÖ Wien müssen alle Beteiligten nach wie vor harsche Kritik einstecken. Die Polizei habe viel zu hart durchgegriffen, beklagen die einen. Warum die Öffentlichkeit eine Million Euro für die Sicherheit eines fragwürdigen Rechtswalzers zahlen müsse, fragen sich die anderen. Auch die Demonstranten müssen sich für verletzte Polizisten, einen beträchtlichen Sachschaden in der City und bedenkliche Slogans (siehe Bericht unten) rechtfertigen. Wer nun wirklich schuld ist, ließ sich aber auch in der ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum" am Sonntagabend nicht klären.
Demo-Mitorganisatorin Natascha Strobl von der "Offensive gegen Rechts" kritisierte in der Sendung die "Eskalationsstrategie der Polizei und die Hetzkampagne der FPÖ", die dazu geführt habe, dass die großteils friedlichen Proteste in Gewalt umschlugen. Der grüne Nationalratsabgeordnete Albert Steinhauser übte ebenfalls Kritik an den Einsatzbehörden: "Es wird versucht, alle Demonstranten als gewaltbereit darzustellen. Das ist schlicht nicht der Fall". Er forderte stattdessen die Polizei auf, ihre Einsatztaktik zu hinterfragen und von einer unabhängigen Stelle überprüfen zu lassen.
Pürstl: "Riesiger Erfolg"
Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl will sich die Schuld aber nicht in die Schuhe schieben lassen: "Es war mit schweren Ausschreitungen zu rechnen, daher musste die Polizei alles dafür tun, Sicherheit und Ordnung zu bewahren". Warum die Krawalle und der enorme Sachschaden nicht verhindert werden konnten? "Wir hatten es heuer mit einer neuen Form der Gewalt zu tun. Wir haben nicht damit gerechnet, dass diese gewaltbereite Gruppe von 100 bis 200 Personen unbeteiligte Geschäfte und Personen attackiert". Priorität sei gewesen, die Ballbesucher vor Angriffen zu schützen. Dies sei nicht zuletzt dank des umfangreichen Platzverbots gelungen. Pürstl sprach in diesem Zusammenhang sogar von einem "riesigen Erfolg". Die Situation habe innerhalb kurzer Zeit beruhigt werden können.
Vorwürfe von Strobl, wonach es ein "nie dagewesenes Ausmaß an Polizeigewalt" gegeben habe, ließ Pürstl nicht gelten: "Wer sich mit Hunden ins Bett legt, darf sich nicht wundern, wenn er mit Flöhen aufwacht". Die Polizei wollte auch jene Demonstranten dingfest machen, "die die Mauer für Kriminelle gemacht haben und mit dem Strom mitgeschwommen sind", erklärte Pürstl. Die Ermittlungen seien nach wie vor im Gange, man werde die gesammelten Daten nun auswerten und auch bei der Rettung nachfragen, kündigte der Polizeipräsident an. Der Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken sei jedenfalls gerechtfertigt, wenn Polizisten angegriffen werden.
"Geist von gestern"
Franz C. Bauer, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft in der GPA-djp, warf der Polizei erneut Zensur vor. Akkreditierte Journalisten durften den abgesperrten Bereich am Freitag nämlich nur zwischen 20.15 und 20.45 Uhr und in Begleitung eines Pressesprechers der Polizei betreten. Bei dem Ball habe es sich um ein "Vernetzungstreffen von Rechtsextremen" gehandelt, daher wäre das öffentliche Interesse in den Vordergrund zu stellen gewesen. Der KZ-Überlebende Rudolf Sarközi sagte, ihn schmerze "der Geist von gestern", den dieser Ball umgebe.
FPÖ-Europamandatar Andreas Mölzer, selbst Ballbesucher, wies diese Darstellung zurück. Er sprach von einer "klassischen Täter-Opfer-Umkehr". Es seien nicht die friedlichen Ballveranstalter, sondern die Jungen Grünen gewesen, die den gewaltbereiten "Schwarzen Block" nach Wien eingeladen hätten. Die Burschenschafter seien mittlerweile zu "Bürgern 2. Klasse" degradiert worden. Er bedauerte auch, dass die Polizei nun die Leidtragende sei. Die Innenstadt habe einem "Kriegsschauplatz" geglichen, sagte Mölzer. Er legte den Demonstranten zum Schluss nahe, "andersdenkende Menschen zu akzeptieren".
ÖVP und FPÖ haben nach den teilweise gewaltsamen Protesten gegen den Akademikerball der Freiheitlichen in der Wiener Hofburg die Grünen kritisiert. Im Zentrum stand dabei das Faktum, dass die Domain www.nowkr.at – mit dem Slogan „Unseren Hass den könnt ihr haben!“ auf der Startseite – auf die Jungen Grünen registriert ist.
ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel fand es bemerkenswert, dass gerade die Grünen, die immer und überall sofort „Skandal“ schreien würden, diese Seite betrieben. „Verletzte Menschen, zertrümmerte Scheiben, zerstörtes Eigentum – das ist das Ergebnis! Das ist ein wirklicher Skandal, eine Schande für die Grünen und nicht zu akzeptieren“, erklärte Blümel in einer Aussendung. Er forderte klare Worte von der „Grünen Bundesführung“.
Die FPÖ nutzte vor allem den Kurznachrichtendienst Twitter für ihre Kritik. Generalsekretär Harald Vilimsky ließ dort etwa wissen, dass er eine Strafanzeige wegen Verhetzung sowie Musterklagen auf Schadenersatz gegen die Grünen überlege.
Kein Einfluss auf Inhalt
Die Jungen Grünen hatten am Samstag eine Rechtfertigung auf ihrer Website veröffentlicht – der KURIER berichtete. Die Domain www.nowkr.at werde von den Jungen Grünen unterhalten, man habe redaktionell keinen Einfluss und sei nicht für die Erstellung der Inhalte verantwortlich. Die Homepage sei als eine Open-campaign-Plattform und als reine Informationsseite rund um die Proteste gedacht gewesen.
Die Wirtschaftskammer Wien (WK) versprach indes jenen Unternehmern Hilfe, deren Geschäfte im Zuge der Ausschreitungen beschädigt worden sind. WK-Präsidentin Brigitte Jank will mit der Exekutive eine Lösung erarbeiten, „um solche Ausschreitungen zu verhindern“.