Weltrekord bei Rettungshelikoptern
Es gibt zu viele Hubschrauber in Österreich, die ums Geschäft fliegen“, sagt Dieter Holzweber von der Sozialversicherung. „Es ist gigantisch, was wir an Helikoptern haben.“ Ähnliche Kritik übte bereits im Frühjahr ein Bericht des Rechnungshofes. Dessen Tenor: Vor allem in Salzburg und Tirol gibt es zu viele Standorte, die Zahl hat sich innerhalb von zehn Jahren sogar mehr als verdoppelt.
Jetzt zum Start der Wintersaison öffnen manche erst ihre Hangars, weil die Skifahrer (im Gegensatz zu Opfern von Autounfällen) das dicke Geschäft bringen. Hier wird nämlich mit den privaten Versicherungen oder den Verletzten direkt abgerechnet und es kommt nicht – wie bei Verkehrs- oder Arbeitsunfällen – der weit günstigere Einheitstarif der Sozialversicherungen zum Tragen.
Schon seit Jahren herrscht ein Verdrängungswettbewerb, manche Standorte schlossen bereits wieder, etwa im Burgenland oder Oberösterreich. Einer war gerade mal ein paar Stunden offen. Dennoch gibt es immer wieder neue Versuche: Roy Knaus etwa will bald in Osttirol einen weiteren Startplatz eröffnen. Es wäre dann der 37. in Österreich.
Zum Vergleich: Für ganz Deutschland reichen 80 Hubschrauber, für Italien 52. Selbst die Schweiz hat nur 14 Startplätze für Rettungshubschrauber – und damit genauso viele wie das von der Fläche nur ein Viertel so große Bundesland Tirol.
Hohe Kosten
Rund 750.000 Euro im Jahr kostet ein Hangar mit Besatzung im Jahr, die Flugkosten sind dabei noch gar nicht mitgerechnet. Laut Rechnungshof sind es bei 1000 Einsätzen etwa 1,7 Millionen Euro. Dieses Geld muss erst verdient werden. Der größte Anbieter, der ÖAMTC, spricht von einem nicht mehr zeitgemäßen Verrechnungssystem. Derzeit bezahlt die Sozialversicherung nicht alle Einsätze. Ist ein Patient tot oder am Ende nicht ganz so schwer verletzt, dann gibt es kein Geld. „Es sollte jeder Einsatz bezahlt werden, allerdings kann es weniger sein und am Ende ist es für die Sozialversicherung kostenneutral“, sagt Reinhard Kraxner, Leiter der „Christophorus“-Staffel. So würde auch die händische und bürokratisch aufwendige Kontrolle von Tausenden Einsätzen pro Jahr wegfallen.
Dem widerspricht Holzweber entschieden: „Wir sind eine Versicherung und müssen jeden Fall prüfen. Sonst rufen die Leute künftig am Berg einen Hubschrauber, nur weil sie erschöpft sind.“ „Seit Jahren wurde der ohnehin nicht kostendeckende Pauschaltarif nicht mehr angehoben“, kritisiert Kraxner. Deshalb mussten in den letzten Monaten Verträge mit den Ländern abgeschlossen werden, um den Betrieb aufrechterhalten zu können. Teilweise hat das kuriose Folgen, in der Bundeshauptstadt wird sogar über den Helikopter-Namen gestritten. Da die Stadt nun mitzahlt, will die Rettung, dass der „Christophorus 9“ jetzt „Hubschrauber der Wiener Rettung“ genannt wird.
Der Rechnungshof forderte bisher vergeblich ein Konzept ein, bei dem bodengestützte Rettungsautos und die Helikopter miteinbezogen werden. Doch bis dato streiten selbst die Flugretter untereinander.
Flugretter in Zahlen
25 tausend Zahl der Alarmierungen pro Jahr.
1983 Startjahr ÖAMTC, Heer und Innenministerium starten die Flugrettung.
2001 Privat Seit 2001 ist die Rettung aus der Luft privatisiert.
3000 Euro Das wird durchschnittlich einem Verletzten verrechnet.
Die ersten Luftrettungstransporte in Österreich wurden im Zweiten Weltkrieg mit einem „Fieseler Storch“ (Propellerflugzeug) durchgeführt. Die erste organisierte Luftrettung startete mit Flächenflugzeugen durch das Innenministerium Mitte der Fünfziger-Jahre.
Im Jahr 1982 wurde per Gesetz beschlossen, in Österreich ein flächendeckendes Netz einzuführen. Im Jahr darauf startete der ÖAMTC mit dem „Christophorus 1“, der die Patienten zur Uniklinik Innsbruck brachte. Wenige Monate später wurde „Martin 1“ in Dienst gestellt – betrieben wurde er vom Innenministerium. Darauf folgten in kurzen Abständen weitere Hubschrauberstandorte, auch das Bundesheer unterhielt einen Stützpunkt.
2001 zog sich der Staat aus der Flugrettung zurück, die Stützpunkte wurden vom ÖAMTC übernommen. Dass es keine Ausschreibung gab, sorgte immer wieder für Kritik. Der Club, der die Kosten auch mit Hilfe seiner Mitgliedsbeiträge subventioniert, hat seither weitere Standorte eröffnet.
2008 mussten alle Rettungshubschrauber auf zweimotorige Maschinen umgerüstet werden, einige Standorte waren deshalb zeitweise außer Betrieb. 2010 kündigte der ÖAMTC nach einem Millionendefizit die Verträge mit dem Bund und schloss Einzelverträge mit mehreren Bundesländern.