Chronik/Welt

Terror in Paris: "Lächelnd" in die Luft gesprengt

Die Erleichterung war groß, als es aus Belgien hieß: Saleh Abdeslam ist in Haft. Gut drei Monate nach der Anschlagsserie in Paris am 13. November 2015 kämpft der mutmaßliche Terrorist gegen eine Auslieferung an Frankreich. Zynismus darf man Abdeslam dafür wohl vorwerfen, menschenverachtend war hingegen sein und das Verhalten der restlichen Terroristen bei den Anschlägen. Das zeigt ein 55-seitiger Bericht an den französischen Innenminister, der der New York Times zugespielt wurde.

In dem Dokument werden allgemein die Veränderung der terroristischen Ziele und Techniken genauso behandelt, wie neue Bedrohungsszenarien und Details zum Vorgehen und Verhalten der Terroristen in Paris beschrieben.

Neue Ziele

"Mein Rat ist, damit aufzuhören, nach speziellen Zielen zu suchen. Trefft jeden und alles", forderte Boubacar a-Hakim, angeblich ein hochrangiges Mitglied der Terrormiliz " Islamischer Staat", in einem Interview. Der Bericht erklärt die "speziellen Ziele" als jüdische Einrichtungen bzw. Einrichtungen mit einem deutlichen Bezug zu Israel, wie zum Beispiel das Jüdische Museum in Brüssel, dessen Besucher 2014 Ziel eines Anschlags wurde. Auch wenn Israel weiterhin der ideologisch größte Feind der Dschihadisten ist, soll nun niemand mehr verschont werden.

Menschenverachtung

Dieser Aufforderung scheinen die Terroristen gefolgt zu sein. Im Konzertsaal Bataclan schossen sie auf alles und jeden. Sogar auf Menschen, die sich zum Schutz auf den Boden gelegt hatten. Während der Schießerei habe einer der Terroristen mit einem "sadistischen Lachen" auf der Bühne Xylofon gespielt.

Menschenverachtend verhielt sich laut Zeugen auch Ibrahim Abdeslam, Bruder des verhafteten Saleh Abdeslam, der kurz nach 21 Uhr das Bistro "Comptaire Voltaire" betrat, sich zuerst entschuldigte und dann "mit einem Lächeln im Gesicht" in die Luft sprengte.

Später fanden die Ermittler Elektrokabel an den Resten seines Körpers, die mit einer 9-Volt-Batterie verbunden waren – Bestandteile der Bombe. Bei den Sprengstoffrückständen handelte es sich um Triacetontriperoxid, einem Gemisch aus Schwefelsäure, Wasserstoffperoxid und dem Lösungsmittel Aceton. Ein beliebter Sprengstoff, da die einzelnen Komponenten zum Beispiel in Abflussreinigern, Nagellackentfernern und Haarbleichmitteln verwendet werden und somit leicht zu kaufen sind. Laut den Ermittlern werden Kämpfer des IS seit 2013 im Bau solcher Bomben instruiert. In Paris waren alle Terroristen mit einem entsprechenden Sprengstoffgürtel ausgestattet – der verhaftete Saleh Abdeslam allerdings machte einen Rückzieher.

Terrorhelfer Mobiltelefon

Moderne Technik hilft nicht nur dem Durchschnittsbürger im Alltag, sondern auch Attentätern bei Terroranschlägen. Auf Mobiltelefonen, die den Terroristen zugeordnet werden, fanden sich unter anderem Fotos mit Grundrissen des Bataclan sowie Links zu Konzertticket-Anbietern. Die Mobiltelefone waren allesamt neu und wurden am Anschlagsabend das erste Mal verwendet. Die meisten kurz vor Beginn der Attacke.

Zum Beispiel fanden die Ermittler in der Nähe des Bataclan ein Handy mit einer belgischen SIM-Karte, die erst einen Tag zuvor aktiviert wurde. Damit wurde eine einzige Nummer in Belgien gewählt – zu wem diese gehört, ist bis heute nicht bekannt.

Im Bataclan selbst benutzten die Täter zusätzlich Handys der Geiseln. Einerseits um ins Internet zu kommen, und andererseits um mit der Polizei zu verhandeln. Zudem berichtete eine 40-jährige Überlebende, dass einer der Terroristen einen Laptop dabei gehabt habe.

Noch gibt es unzählige unbeantwortete Fragen zur Terrornacht in Paris. Der verhaftete Saleh Abdeslam will kooperieren, heißt es aus Belgien. Ob er alles preisgibt, bleibt fraglich.