Chronik/Welt

Königspaar zeigt sich Madrid

Felipe VI. wurde am Vormittag als neuer König von Spanien im Parlament in Madrid vereidigt. Der abgedankte König Juan Carlos blieb der Zeremonie fern, er wollte nicht von seinem Sohn Felipe ablenken.

Der neue spanische König und Königin Letizia fuhren nach der Vereidigungszeremonie in einer offenen Limousine durch die von tausenden Menschen gesäumten Hauptstraßen von Madrid zum Königspalast. Die Absperrungen entlang der Prachtstraße Gran Vía waren mit Nationalfahnen dekoriert, und auch von den Laternenmasten hingen rot-gelb-rote Banner. Nach der Ankunft im Palast zeigte sich die königliche Familie auf dem Balkon den Bürgern.

Um "Sicherheitsrisiken" zu vermeiden, hat die Polizei Demonstrationen im Zentrum während der Zeremonie im Parlament untersagt.

"Eine außergewöhnliche königliche Amtszeit gehört der Geschichte an."


In seiner Thronrede stellte Europas jüngster Monarch zuvor die konstitutionelle Monarchie außer Frage. Er werde loyal zur Verfassung stehen und bereit sein, zuzuhören, zu verstehen und Ratschläge zu geben, sagte der Monarch im Madrider Parlament. "Ich werde immer das Allgemeininteresse im Auge haben", betonte er. Der neue König zeigte außerdem Mitgefühl mit den vielen Spaniern, die unter den Folgen der Wirtschaftskrise leiden. Felipe würdigte außerdem seinen Vater Juan Carlos, der am Vortag nach fast vier Jahrzehnten auf dem Thron abgedankt hatte. "Eine außergewöhnliche königliche Amtszeit gehört der Geschichte an", sagte er unter dem Beifall der Abgeordneten.

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Der 46 Jahre alte Felipe ist der jüngste König in Europa. Seine achtjährige Tochter Leonor ist neue Kronprinzessin. Felipes Ehefrau, die frühere Fernsehjournalistin Letizia Ortiz (41), wurde die erste Königsgemahlin in der Geschichte der spanischen Monarchie, die einer bürgerlichen Familie entstammt.

Der Amtsantritt des neuen Monarchen wird überschattet vom Ausscheiden der spanischen Fußballnationalelf bei der Weltmeisterschaft in Brasilien. Der amtierende Weltmeister verlor am Mittwochabend gegen Chile 0:2 und muss damit bereits nach den Gruppenspielen die Heimreise antreten.

Bilder der Zeremonie

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Thronwechsel in Spanien

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Defacto hat Spanien schon seit Mitternacht einen neuen König. Der 76-jährige König Juan Carlos hatte am Mittwoch nach fast 39 Jahren auf dem Thron seine Abdankung zugunsten seines Sohnes unterzeichnet. Das Gesetz zum Thronverzicht wurde nach Mitternacht im Amtsblatt veröffentlicht und damit rechtswirksam.

Der abgedankte König Juan Carlos übergab dann Donnerstagvormittag gegen 9:30 Uhr seinem Nachfolger Felipe VI. die Schärpe des Oberbefehlshabers der Streitkräfte. Der militärische Akt im Madrider Zarzuela-Palast hat den Auftakt der Zeremonien zum Amtsantritt des neuen Monarchen gebildet. An dem kurzen und feierlichen Akt nahmen unter anderem Königin Letizia, ihre Vorgängerin Sofía, die achtjährige Thronfolgerin Leonor und der Generalstab der Streitkräfte teil. Anschließend fuhr die Familie zum Parlament.

Ausländische Staatsgäste kommen nicht

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Bei der Vereidigung von König Felipe VI. am Mittwochvormittag nahmen weder ausländische Staatsgäste noch Mitglieder anderer Königshäuser teil. Angesichts der Wirtschaftskrise hatte sich das Königshaus für einen vergleichsweise bescheidenen Rahmen entschieden. Juan Carlos war unter anderem unter Beschuss geraten, weil er sich in Krisenzeiten eine Elefantenjagd in Afrika geleistet hatte.

Neue Ära

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Für Spanien bricht damit eine neue Epoche an.Der Abdankung von Juan Carlos Mittwochabendhatten im königlichen Palast im Zentrum von Madrid etwa 160 geladene Gäste beigewohnt. Dazu gehörten neben der bisherigen Königin Sofia (75) und Felipe die neue Königin Letizia, die neue Thronfolgerin Leonor, ihre Schwester Sofia (7), Ministerpräsident Mariano Rajoy und alle Mitglieder der Regierung. Der am Stock gehende Juan Carlos wirkte gebrechlich und innerlich bewegt. Als der Text der Abdankung verlesen wurde, schien er kurz mit den Tränen zu kämpfen. Nach der Unterzeichnung tauschte er mit Felipe symbolisch den Platz. Nach wenigen Minuten war die Zeremonie vorbei.

Spaniens neuer König Felipe VI. steht mit seinem Amtsantritt vor einer Reihe von Herausforderungen. Dazu gehören diese vier:

Krise der Monarchie Das Königshaus war bei den Spaniern lange Zeit die angesehenste Institution des Staates. In den vergangenen Jahren büßte es stark an Popularität ein. Monarchie-Gegner fordern ein Referendum, in dem die Spanier über die Staatsform entscheiden sollten. Felipe will das Königshaus erneuern und vor allem bei den jungen Leuten neue Sympathien für die Monarchie gewinnen.

Unabhängigkeitsstreben in Katalonien Die Regierung der wirtschaftsstärksten Region plant für November eine Volksabstimmung über eine Abspaltung Kataloniens von Spanien. Die Regierung in Madrid will dies verhindern. Felipe plädierte dafür, Spanien solle eine "einheitliche und verschiedenartige Nation" sein. Von ihm wird in Madrid erwartet, dass er den Dialog zwischen dem Zentralstaat und den Katalanen fördert.

Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit Die spanische Wirtschaft wächst wieder, aber die Arbeitslosenquote ist mit über 25 Prozent eine der höchsten in Europa. Der König hat nicht die Macht, wirtschaftliche Reformen einzuleiten. Aber er kann - wie sein Vater - mit seinen internationalen Kontakten spanischen Unternehmen Wege zu Auftraggebern und Abnehmern im Ausland öffnen.

Korruption Eine Serie von Skandalen hat das Vertrauen der Spanier in die politischen Parteien untergraben. Die Korruption ist nach Umfragen neben der Arbeitslosigkeit die größte Sorge der Spanier. Felipes Schwester Cristina und deren Mann Inaki Urdangarin sind selbst in eine Affäre verwickelt, bei der es um die Unterschlagung von staatlichen Geldern einer Stiftung geht. Felipe tritt dafür ein, dass das Königshaus Transparenz walten lässt und mit gutem Beispiel vorangeht.

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Eine geschiedene Bürgerliche ist die neue Königin vonSpanien. Die Fernsehjournalistin Letizia Ortiz, Tochter einer Krankenschwester, Enkelin eines Taxifahrers, eine ehrgeizige, gebildete und eigenwillige Aufsteigerin aus der Mittelschicht, soll das Ansehen der Monarchie wieder herstellen. Felipes größter Trumpf ist seine Frau, sagen viele Spanier.

Nicht, weil sie so beliebt wäre – Felipe und seine Mutter Sofia werden mehr bewundert – sondern weil sie bodenständig geblieben ist. Weil sie Sorgen hat, wie andere Menschen auch. Ihre Schwester hat sich umgebracht, ihre Eltern sind zerstritten wie die Schwiegereltern, ihr Cousin versuchte aus einem peinlichen Enthüllungsbuch Kapital zu schlagen.

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Auch nach zehn Ehejahren wirken Letizia und Felipe VI. verliebt. Sie absolvieren ein dichtes Programm, arbeiten also wirklich viel und agieren professionell und engagiert. Letizia hat nebenbei Englisch gelernt und "kann bei Begegnungen und Konferenzen intelligent zur Sache reden", lobt sie der Spanien-Korrespondent der FAZ.

Der 46-jährige Felipe wird oft "El Preparado" genannt. Der gut Vorbereitete. Er hat in Madrid und in den USA studiert, war beim Militär und ist im Gegensatz zu seinem Vater Juan Carlos kein Lebemann. Letizia scheint ihn ideal zu ergänzen, denn während Juan Carlos nie mit einem Buch gesehen wurde oder freiwillig ein Museum besucht hätte, so der spanische Schriftsteller Andrés Trapiello, ist der Sohn belesen und bestens informiert über die Probleme in seinem Land.

Ihre dynastischen Pflichten hat die bald 42-jährige Letizia erfüllt. Die achtjährige Leonor ist jetzt die jüngste Kronprinzessin Europas. Ihre Schwester, die Infantin Sofia ist sieben Jahre alt.

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Das Leben bei Hof fiel der Journalistin am Anfang nicht leicht und wurde ihr auch nicht leicht gemacht, sagte ein Palastangestellter der Zeitung El Mundo. Letizia mangle es aber nicht an Widerstandskraft und Charakter, fügte er bewundernd hinzu und nennt als Beispiel die Kleidung der Kinder. Die spanische Etikette verlangt, dass die beiden Töchter gleich gekleidet sind. Letizia aber will, dass ihre Kinder eine eigene Persönlichkeit entwickeln und sich verschieden anziehen dürfen.

Auch in der Krise, die Spanien seit sechs Jahren in seinen Grundfesten erschüttert, weil das Vertrauen in Regierung und Königshaus wegen ständiger Enthüllungen über Korruptionsskandale verschwunden ist, fanden Felipe und Letizia die richtigen Worte. Die Journalistin weiß genau, was ankommt und was nicht. Felipe sagte im Krisenjahr 2012: "Die gegenwärtige Wirtschaftskrise verlangt, ernsthaft darüber nachzudenken, wie Werte wieder zur Geltung gebracht werden können, die in jüngster Zeit verloren gegangen sind." Als Beispiele nannte er Großzügigkeit, Integrität, Fleiß und Höchstleistung.

Der Kontakt zu Felipes Schwester, der Infantin Cristina, wurde aus diesem Grund von Letizia auf Eis gelegt. Cristina hat "aus Liebe" zu ihrem Mann Iñaki Urdangarin alles unterschrieben und geriet selbst unter Korruptionsverdacht. Dem ehemaligen Handballer Urdangarin droht wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder eine Haftstrafe.

Letizia verzeiht auch nicht, dass die Elefantenjagd des alten Königs den Ruf der Bourbonen arg geschädigt hat.

Ein Sprecher des Hofes gab unlängst zu, dass es in der Partnerschaft von Felipe und Letizia schon manchmal kracht oder, feiner formuliert, "Höhen und Tiefen" geben kann, wenn es wieder Ärger mit der Verwandtschaft gibt. Nur eine ist unantastbar: Felipes Mutter, Königin Sofia – sie hat Letizia offenbar schon längst ins Herz geschlossen.

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