Chronik/Welt

Benedikt verspricht Nachfolger Gehorsam

Rom bereitete Papst Benedikt XVI. am Donnerstag, dem letzten Tag seines achtjährigen Pontifikats, einen würdevollen Abschied. Minutenlang wurden um 20 Uhr die Glocken aller 365 Kirchen geläutet - sie begleiteteten den historischen Moment: Zu diesem Zeitpunkt endete offiziell das Pontifikat – auch die Pummerin im Wiener Stephansdom wurde aus diesem Grund in Bewegung gesetzt. Bereits zuvor war Benedikt mit dem Hubschrauber in das 25 Kilometer entfernte Castel Gandolfo geflogen. Schlag 20 Uhr hat damit die Sedisvakanz („leerer Stuhl Petri“) begonnen, das Konklave könnte noch vor dem 15. März starten.

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Wie viele Pilger, die sich am Mittwoch persönlich von „Benedetto“ auf dem Petersplatz verabschiedet hatten, bewunderte auch Grazia De Pasquale den Papst-Rücktritt als „mutigen Schritt“: „Um eine derart schwierige Entscheidung auszuhalten, auf der die Geschichte der Kirche weltweit lastet, braucht man einen extrem tiefen und starken Glauben“, ist die Mailänderin überzeugt. Sie hatte extra den Nachtzug nach Rom genommen, um die letzten Tage des Papstes live mitzuerleben.

Eine Beobachterin, die Joseph Ratzinger auf vielen Reisen begleitet hatte, berichtete: „Der Papst wirkte mit jedem Tag, mit dem sich sein Rücktritt näherte, gelöster – als wäre ihm eine Riesenlast von den Schultern gefallen.“ Giuseppe Marolla aus Foggia war gerührt, dass er alle Besucher „amici miei“, meine Freunde, genannt hatte.

Tausende „amici“ warteten am Mittwoch vor der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo auf „Benny“, wie ihn ein paar Pilger liebevoll nennen. Von der Loggia des Palastes grüßte Benedikt bei seinem letzten öffentlichen Akt die Gläubigen. An seinem finalen Pontifikatstag hatte er zuvor alle Kardinäle, darunter auch Kardinal Christoph Schönborn, getroffen. Wie bei einer „Reality-Show“ kommentierten TV-Kameras jeden Schritt der letzten zwölf Stunden.

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Vatikansprecher Federico Lombardi antwortete auf die Frage, wie Benedikt den Abend verbringt: „Ich denke, dass er sich nach der Begrüßung ein Abendessen verdient hat.“ Joseph Ratzinger wird sich die nächsten zwei Monate in Castel Gandolfo „vor der Welt verstecken“. Später wird er in ein Konvent, umgeben von den vatikanischen Gärten, ziehen. Seinem Nachfolger versprach Ratzinger „bedingungslosen Gehorsam“. Unter den Eminenzen im Vatikan wird jedoch bereits gemunkelt, welche Rolle Ratzinger auch weiterhin spielen könnte und an welchen Feiern er im Petersdom teilnehmen wird.

Camerlengo Tarcisio Bertone schloss das päpstliche Apartment ab, in dem gestern Abend zum ersten Mal kein Licht mehr brannte. Die Wohnung wird erst zum Einzug des neuen Pontifex wieder geöffnet. Der Fischerring, den der 85-jährige Ex-Papst bis kurz vor seiner Abreise trug, wird ebenfalls von Bertone zerstört. Auch die roten Schuhe musste er im Vatikan zurücklassen. Der Twitter-Account des Papstes mit drei Millionen Followern wurde gestern Abend ausgesetzt. „Der neue Pontifex wird ihn wieder aktivieren und so nützen, wie er es für richtig hält“, verspricht Kommunikationsberater Monsignore Paul Tighe. Bei der künftigen Anrede von Joseph Ratzinger stehen drei Varianten zur Auswahl: „Emeritierter Papst“, ähnlich einem pensioniertem Universitätsprofessor, „Römischer emeritierter Pontifex“ oder auch weiterhin „Eure Heiligkeit“.

Da den „Vaticanisti“ kein Detail entgeht, ist ausführlich bekannt, wie sich der zurückgetretene Pontifex künftig kleiden wird. Zur Ausstattung gehören ein „einfacher weißer Talar“, eine weiße Stola ohne päpstliches Wappen, das weiße Käppchen, „Zuccotto“ genannt, und eine Kette mit einem großen Kreuz, wie für Kardinäle üblich. Der Fischerring wird durch einen Kardinalsring ersetzt. Mexikanische Schuhmacher lieferten bereits mehrere Paare brauner Mokassins.

„Teutonische Präzision“

Die Tage vor der Abreise hatte der Papst mit Kofferpacken verbracht, vermutet Vatikan-Experte Marco Ansaldo: „Mit teutonischer Präzision packte er seine geliebten Bücher ein sowie ein paar persönliche Dokumente. Der Rest wird in den vatikanischen Archiven aufbewahrt.“

Auch in Castel Gandolfo kümmern sich weiterhin die beiden Privatsekretäre Georg Gänswein und Alfred Xuereb sowie die vier „Memores domini“ – die Laienschwestern Loredana, Carmela, Cristina und Rosella – um ihn. Für die Sicherheit ist nicht mehr die Schweizer Garde, sondern die vatikanische Gendarmerie zuständig.